Seit 1991 gibt es den Fanclub „Sehhunde“ für blinde und in ihrer Sehkraft eingeschränkte Fußballfans. Ihre diesjährige Hauptversammlung hielten die „Sehhunde“ in Zusammenarbeit mit dem Sport-Club in Freiburg ab und erlebten darüber hinaus ein vielseitiges Fußballwochenende inklusive des 4:0-Heimerfolgs gegen den FC Schalke 04.
Ein Fußballfanclub, in dem die Mitglieder den verschiedensten Vereinen die Daumen drücken? So etwas gibt es wohl eher selten. Bei den Sehhunden sind Fans aller Vereine herzlich willkommen. Dem Fanclub geht es aber nicht bloß um das Teilen der gemeinsamen Fußballleidenschaft, sondern vor allem auch um die Integration blinder und sehbehinderter Menschen in die Gesellschaft sowie die Gemeinschaft der Fußballfans.
Der Dialog mit Fußballfans ohne körperliche Einschränkungen ist vielen Mitgliedern der „Sehhunde“ fast noch wichtiger als der Kontakt untereinander. Auch deswegen freut sich der aus über 30 Mitgliedern bestehende Fanclub immer wieder über die Zusammenarbeit mit Vereinen aus dem deutschen Profifußball.
Zusammentreffen und Stadiontour im Dreisamstadion
Viele Mitglieder der „Sehhunde“ waren sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie nicht mehr begegnet. Entsprechend groß die Freude bei den zehn mitgereisten Mitgliedern über das Beisammensein und den gemeinsamen Austausch in der Vitra-Lounge des Dreisamstadions am Samstagnachmittag vor dem Heimspiel gegen Schalke. Nach kurzer Stärkung stand eine Stadiontour mit Vereinsarchivar Uwe Schellinger auf dem Programm. Während die „Sehhunde“ viele Fakten und Anekdoten rund um die Vereinsgeschichte des SC Freiburg und das Dreisamstadion als „historischen Fußballort“ erfuhren, wurden die Zwischenstände der parallellaufenden Bundesligaspiele mit Spannung übers Handy durchgehend mitverfolgt.
Anschließend an ein gemeinsames Abendessen hatten die „Sehhunde“ die Möglichkeit, sich mit Stefanie Renz von der Supporters Crew Freiburg e.V. über fanpolitische Themen auszutauschen. Dabei ging es vor allem um die Fragen, wie es um die Barrierefreiheit von den Internetseiten der Fußballbundesligisten stehe und wie man über die Anwesenheit blinder und sehbehinderter Fußballfans im Stadion informieren könne. Nina Schweppe, zweite Vorsitzende des Fanclubs, wünschte sich, dass „möglichst viele andere Stadionbesucher wüssten, was es sonst noch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Stadion gibt.“ Durch mehr Information und Aufklärung bei sehenden Fußballfans würde es damit für blinde und sehbehinderte Fans bedeutend einfacher sein, „zum Stadion hinzukommen und sich im Stadion zu bewegen“.
Spieltag im Europa-Park Stadion
Der Sonntagvormittag begann mit einer Stadtführung durch Freiburg. Von dort aus ging es dann für die „Sehhunde“ direkt ins Europa-Park Stadion zum Heimspiel des SC Freiburg gegen den FC Schalke 04. Besonders auf die Stimmung im neuen Stadion waren die Mitglieder des Fanclubs gespannt. „Die ganze Atmosphäre im Stadion ist wichtig“, sagte Regina Hillmann, erste Vorsitzende der „Sehhunde“, „sonst könnte man sich die Blindenreportage auch übers Internet anhören.“
Über das barrierefreie Fanradio (Sportclub live“) haben blinde und sehbehinderte Fans über Kopfhörer die Möglichkeit, ein Fußballspiel sehr genau zu verfolgen. Speziell geschulte Kommentatorinnen und Kommentatoren beschreiben dabei fast durchgehend das sportliche Geschehen auf dem Feld.
Was eine Blindenreportage vom Radiokommentar unterscheidet? „Es ist sehr viel ballnäher“, findet Nina Schweppe. Die Qualität der Blindenreportage ist für Fußballfans mit schwacher oder fehlender Sehkraft beim Stadionbesuch elementar wichtig. „Du möchtest ja nicht nur die wichtigen Szenen geschildert haben, sondern Dich nach dem Spiel auch mit anderen Stadionbesuchern über einzelne Szenen austauschen können. Also weißt du im Idealfall über jeden Ballkontakt Bescheid“, beschreibt Regina Hillmann den Stellenwert der Reportage für erblindete Fußballfans.
Über den Audiokanal erhielten die „Sehhunde“ vor dem Spiel zudem eine auditive Stadiontour mit Zahlen, Fakten und Geschichten rund um das Europa-Park Stadion.
Vom 4:0-Heimerfolg und der Stimmung der SC-Fans waren die „Sehhunde“ durchaus beeindruckt. Regina Hillmann freute sich: „Es ist natürlich immer toll, für unsere Veranstaltung einen Verein zu besuchen, der gerade so auf der Erfolgswelle schwimmt.“
Text und Foto: Alexander Steinmeier