"Unser Anliegen auch in die Breite tragen"

Nachhaltigkeit
30.09.2024

Mit einem Aktionsspieltag hat der SC Freiburg für das wichtige Thema Kinder- und Jugendschutz sensibilisiert. Gemeinsam mit Kooperationspartnern bietet er Breitensportvereinen Hilfe bei der Entwicklung von Schutzkonzepten an. Dorinja Weizel und Marcel Drayer erläutern, warum und wie.

Frau Weizel, im Rahmen des Bundesliga-Heimspiels gegen den FC St. Pauli hat der SC Freiburg einen Aktionsspieltag Kinder- und Jugendschutz veranstaltet. Er stand unter dem Motto „8UNG! – Kinder- und Jugendrechte achten und stärken“. Genau genommen gab es beim Sport-Club zu diesem Thema sogar mehrere Aktionsspieltage.

Weizel: Ja, weil es ein Aktionsspieltag des gesamten Vereins war. Deshalb waren alle Heimspiele von allen SC-Teams rund um den Weltkindertag am 20. September in die Aktion eingebunden. Den Anfang machte am vergangenen Freitag der SC II im Dreisamstadion beim Derby gegen den Bahlinger SC. Weiter ging es einen Tag später, an gleicher Stelle beim Bundesliga-Heimspiel unseres Frauenteams gegen Carl Zeiss Jena. Vor dieser Begegnung gab es zusätzlich Infostände, an denen unsere Partner ihre Arbeit vorgestellt haben. Unsere Mannschaften trugen bei den Spielen – wie die Profis im Europa-Park Stadion – extra angefertigte Aufwärmshirts sowie Kapitänsbinden mit dem Kampagnenlogo „8TUNG! – Kinder- und Jugendrechte achten und stärken“. Dazu gab es auch beim Bundesligaspiel gegen St. Pauli ein buntes Rahmenprogramm zum Thema Kinder- und Jugendschutz. Dieses wurde von den Sport-Quartieren Freiburg, der Badischen Sportjugend im Badischen Sportbund (BSB) Freiburg e.V., Wendepunkt e.V., der Kindernothilfe e.V. und Wir helfen Kindern e.V. auf die Beine gestellt und richtete sich an alle Altersklassen.

Warum ist es wichtig, dem Thema Kinder- und Jugendschutz eine breite öffentliche Plattform zu bieten?

Weizel: Weil jedes betroffene Kind ein Kind zu viel ist. Nach einer bundesweiten Statistik wurden vergangenes Jahr über 18.000 Kinder unter 14 Jahren zu Opfern sexuellen Missbrauchs – und das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches größer. Der SC Freiburg möchte deshalb die ihm zuteil werdende Aufmerksamkeit dafür nutzen, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und weitere Vereine dazu aufrufen, Schutzkonzepte zu etablieren.

Was beim Sport-Club bereits geschehen ist?

Weizel: Richtig, wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema Kinder- und Jugendschutz auseinandergesetzt. Es gab Schulungen für alle Teams und für unsere Mitarbeitenden. Aufbauend auf den bestehenden Kinderschutzkonzepten der Freiburger Fußballschule, des Bereichs Frauen- und Mädchenfußball und der Abteilung Nachhaltigkeit wurde ein ganzheitliches Konzept für den gesamten Verein sowie zielgruppengerechte Broschüren und weitere Materialien erarbeitet. Beratend unterstützt haben uns dabei die Kindernothilfe und die Freiburger Fachstelle Wendepunkt e.V.. Jetzt wollen wir das Thema in Kooperation mit der Badischen Sportjugend auch in die Breite tragen.

Herr Drayer, Sie sind beim Badischen Sportbund Freiburg hauptamtlich für den Bereich Kinderschutz zuständig. Wahrscheinlich beschäftigen Sie sich schon länger mit dem Thema?

Drayer: Der organisierte Sport ist schon schon seit 2010 damit befasst, als die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in München die Erklärung „Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport“ verabschiedet hat. Mit dieser Erklärung sollte eine gemeinsame Grundlage zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Sport für den unter dem Dach des DOSB organisierten Sport insgesamt geschaffen werden. Wenig später gab es auch in Südbaden die ersten hauptamtlichen Ansprechpersonen für das Thema. Verpflichtende Schutzkonzepte für Breitensportvereine gibt es aber nach wie vor nicht. Deshalb haben wir das „Schutzschild im und für den Sport“ entwickelt. Mit dieser Auszeichnung und dem „Schutzschild“-Banner möchten wir die Verantwortungsübernahme, zum Beispiel auch für Eltern, sichtbar machen. Sportvereine und -verbände bekommen das Banner nach Umsetzung von fünf Mindestmaßnahmen für zwei Jahre verliehen.

Was gehört zu diesen Maßnahmen?

Drayer: Zu Beginn fordern wir eine Positionierung des Sportvereins, in dem die Verantwortungsübernahme und die Wichtigkeit des Kinderschutzes von der Vereinsführung beschlossen werden. Dann muss eine Ansprechperson benannt werden, und die haupt-, nebenberuflichen und ehrenamtlichen Vereinsmitarbeitenden unterzeichnen eine Selbstverpflichtungserklärung und einen Ehrenkodex. Über eine Vereinsschulung sollen darüber hinaus Verhaltensregeln für das Miteinander, insbesondere für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen, entwickelt werden.

Frau Weizel, für den Aktionsspieltag haben Sie gemeinsam einen Bewerbungsprozess für Breitensportvereine entwickelt, die durch mehrere Schulungsformate die Auszeichnung mit dem „Schutzschild im und für den Sport“ erwerben können.

Weizel: Wir stärken damit die Entwicklung von Kinder- und Jugendschutzkonzepten bei Vereinen in der Region. Deshalb bieten wir 60 Plätze für Breitensportvereine aus Südbaden. Sie können, entsprechend den Vorgaben des Badischen Sportbundes, das „Schutzschild“ erwerben. Die Bewerbungsphase beginnt jetzt.

Was trägt der Sport-Club außer seiner medialen Reichweite dazu bei?

Weizel: Er trägt die Kosten und stellt Infrastruktur zur Verfügung. Die Schulungsformate, die aufgrund ihrer fachlichen Expertise von der Badischen Sportjugend, von Wendepunkt e.V. und der Kindernothilfe e.V. durchgeführt werden, finden vor Ort in den Vereinen und hier bei uns statt. Auch wir unterstützen das Ziel, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Kinder und Jugendliche wohl fühlen, in dem sie das Gefühl haben, ernst genommen zu werden, und in dem sie wissen, an wen sie sich wenden können, wenn Grenzen überschritten werden.

Drayer: Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit mit dem SC Freiburg. Natürlich hoffen auch wir, dass durch den Aktionsspieltag noch mehr Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema gelenkt wird. Wir sind dankbar für die Möglichkeit, etwas Bestehendes wie den „Schutzschild“-Prozess voranzutreiben und dadurch vielleicht auch vielen Sportvereinen die Möglichkeit zu geben, ein Schutzkonzept zu erarbeiten und zu etablieren. Die Vereine haben außerdem die Möglichkeit, sich zu vernetzen und ihre Erfahrungen zu teilen.

Ein Austausch, der sonst eher selten stattfindet?

Drayer: Wir bieten Netzwerktreffen in den einzelnen Stadt- und Landkreisen an. Aber so ein Austausch über unser gesamtes Verbandsgebiet bietet den Vereinen sicherlich neue Möglichkeiten und Perspektiven.

Weizel: Themen wie Kinder- und Jugendschutz kommen in den Breitensportvereinen, die überwiegend ehrenamtlich organisiert sind, oft zu kurz. Denn nur wenige Vereine haben das Glück, Personen in ihren Reihen zu haben, die sich mit dem Thema auskennen, sich intensiver damit auseinandersetzen und zum Beispiel Fördermittel beantragen können. Und selbst wenn Fördermittel beantragt werden, ist es schwierig, dann auch in die Umsetzung zu kommen. Deshalb wollen wir insbesondere den Breitensport bei der Implementierung und Entwicklung eines Schutzkonzeptes unterstützen.

Neben allen Teams des Sport-Club werben mit SC-Spielerin Ally Gudorf und Profi Nicolas „Chicco“ Höfler zwei prominente Botschafter für Ihr Anliegen.

Weizel: Chicco engagiert sich ja schon seit Jahren zusammen mit den Freiburger Vereinen Wir helfen Kindern e.V.  und Wendepunkt e.V. gegen Gewalt und Missbrauch an Kindern. Ally ist selbst mit dem Wunsch auf uns zugekommen, den Aktionsspieltag zu unterstützen. Sie sind jetzt auch Botschafter und Botschafterin für Kinder- und Jugendschutz beim SC Freiburg. Und wir hoffen, dass durch den Aktionsspieltag zusätzlich auch viele SC-Fans zu Botschafterinnen und Botschaftern für unser Anliegen werden.

Interview: Dirk Rohde und Alexander Roth

Foto: SC Freiburg

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.

 
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