Seit drei Jahren bilden der Südbadische Fußballverband (SBFV) und der SC Freiburg gemeinsam Kindertrainer/innen in der Region aus. Über 1.000 Kindertrainerzertifikate wurden bereits verliehen. Viele weitere sollen folgen, sagen die Verantwortlichen Fridolin Wernick, Bildungsmanager beim SBFV, und Niklas Ziegler, Abteilung Nachhaltigkeit beim Sport-Club.
Im vergangenen Herbst konnten der Südbadische Fußballverband (SBFV) und der SC Freiburg beim Lehrgang in Herbolzheim das 1.000ste SBFV-SCF-Kindertrainerzertifikat (KiTZ) verleihen. Waren Sie, Herr Wernick vom SBFV und Herr Ziegler vom SC Freiburg, überrascht, diese Marke so schnell erreicht zu haben?
Wernick: Wir haben uns sehr darüber gefreut. Überrascht waren wir allerdings nicht, weil wir uns mit dem Startschuss vor zweieinhalb Jahren bereits das Ziel gesetzt hatten, dass bis Ende 2025 jede Kinderfußballmannschaft in Südbaden einen qualifizierten Trainer oder eine qualifizierte Trainerin haben wird – bis dahin wollen wir also mindestens 1.750 Zertifikate an Kindertrainerinnen und -trainer verleihen.
Mit welcher Grundidee waren der SBFV und der SC Freiburg im Jahr 2021 zusammengekommen, um gemeinsam ein Kindertrainerzertifikat – kurz KiTZ – zu entwickeln, das in der Folge ab Frühling 2022 mit den ersten Lehrgängen in die Praxis umgesetzt wurde?
Ziegler: Der SBFV und der SC pflegen seit vielen Jahren und in vielen Projekten zur Spitzen- und Breitensportförderung in Südbaden eine enge Zusammenarbeit. Seit 2018 tauschen wir uns – initiiert durch das Engagement von André Malinowski, damaliger Sportlicher Leiter beim SBFV und jetziger Sportlicher Leiter Frauen- und Mädchenfußball beim SC, und Martin Schweizer, dem Sportlichen Leiter der Freiburger Fußballschule – mit Verbands- und Vereinsvertretern aus den sechs SBFV-Bezirken regelmäßig aus. Es geht darum, den Kinderfußball im Allgemeinen und den Spielbetrieb im Besonderen Schritt für Schritt zu verbessern.
Heißt konkret …
Wernick: … dass wir etwa den Spielbetrieb von der G- bis zur D-Jugend schrittweise angepasst haben. In den neuen Wettbewerbsformaten berücksichtigen wir auch die individuellen Entwicklungsschritte der Kinder. Die Trainer können sie in der G- und F-Jugend nach Spielstärke auf verschiedene Felder aufteilen – in der E- und D-Jugend sogar in unterschiedliche Ligen. Nach dem Winter werden Ligen dann auf Basis der Hinrunden-Resultate nochmals neu eingeteilt. So kommt es zu spannenden Duellen auf Augenhöhe, vor allem erhält jedes Kind massig Spielzeit. Unsere Erfahrung zeigt: Wenn Kinder mit Freude bei der Sache sind, lernen sie wie von selbst. Diese kindgerechte Philosophie vermitteln wir beim KiTZ.
Ziegler: Es war unsere gemeinsame Idee, ein Zertifikat zu entwickeln, das die Anforderungen und Bedürfnisse unserer Kinderfußballtrainer in Südbaden bestmöglich anspricht. Viele stehen Woche für Woche vor denselben Herausforderungen: Wie schaffe ich es, auf oft engem Raum, mit wenig Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit sowie Material und Personal ein Trainings- und Spieltagserlebnis für die Kinder zu gestalten, das den wichtigsten Wert im Kindersport vermittelt: Spaß! Wir spielen in Praxis-Teilen die neuen Wettbewerbsformate sowie altersgerechte Spiel- und Übungsformen für das wöchentliche Training durch. So versuchen wir aufzuzeigen, wie regelmäßige Begegnungen auf Augenhöhe und eine altersgerechte Begleitung die Kinder fordern und fördern – auf und neben dem Platz.
Wernick: Im Kern des Kindertrainerzertifikats steht ein klares Ziel: Wir möchten, dass Kinder sich in ihrem Verein so wohlfühlen, dass sie dem Fußball lange treu bleiben. Leider sehen wir immer wieder, dass Kinder und Jugendliche den Spaß verlieren und aufhören. Genau hier setzt das KiTZ an: Wir zeigen den Trainern, wie sie eine positive Atmosphäre schaffen können – durch aktive Elterneinbindung, aber vor allem durch einen grundlegenden Perspektivwechsel in ihrer Rolle als Trainer. Statt ständiger Kritik von außen setzen wir auf Ermutigung und gezieltes Lob. Das stärkt nicht nur das Selbstvertrauen der Kinder, sondern macht das Training zu dem, was es sein soll: ein Highlight in der Woche.
Wie sieht die Ausbildung der Kindertrainer/innen konkret aus?
Wernick: Das KiTZ ist bewusst praxisnah und flexibel gestaltet: Eine Ausbildung umfasst 20 Lerneinheiten à 45 Minuten. Es gibt zwei Präsenztage, umrahmt von drei Online-Phasen. Die Teilnehmenden können die Online-Aufgaben von überall aus bearbeiten, zeitlich unabhängig. Das kommt unseren ehrenamtlichen Trainerinnen und Trainern entgegen, die das Kindertraining ja neben Beruf und Familie stemmen.
Ziegler: An den Präsenztagen kommen dann alle Trainer bei einem Verein eines Fußballbezirks zusammen. Dort vertiefen wir in Theorie und Praxis noch einmal das Erlernte aus den Online-Modulen, vor allem in den vier Praxis-Einheiten auf dem Platz: beispielsweise beim Dribbelfußball oder bei mehr als zehn Funiño-Variationen. Die Gesichter der Teilnehmer sprechen nach den Spielformen eine klare Sprache. „Das hat Spaß gemacht!“ und „Puh, das war anstrengend!“ sind die häufigsten Rückmeldungen. Sie merken in der Praxis, wie hoch die Anzahl ihrer Ballkontakte, die Intensität und gleichzeitig der Spaßfaktor in den kleinen Spielformen ist.
Wernick: Wir wollen keinen klassischen Frontalunterricht mit einer Powerpointfolie nach der anderen anbieten, sondern setzen auf aktives Lernen. In kleinen Gruppen tauschen sich die Trainerinnen und Trainer unter der Leitung unseres erfahrenen Ausbilder-Tandems aus – da lernt jeder und jede von jedem.
Ein besonderes Augenmerk der Lehrgänge liegt auf der Vermittlung verschiedener Spielformen.
Wernick: Wir zeigen einfache, aber hocheffektive Spielformen, die sowohl den Kindern als auch unseren KiTZ-Teilnehmenden richtig Spaß machen – und dabei lernen alle ganz spielerisch. Ein Beispiel: Beim Funiño drehen wir die Tore um und stellen sie an die Torschusszonen-Linie. Plötzlich müssen die Kinder die Tiefe des Spielfelds nutzen, um Tore zu erzielen. Sie lernen dabei spielerisch, den Raum besser zu verstehen.
Ziegler: Zwei Punkte, die uns neben der konkreten Arbeit auf dem Trainingsplatz sehr wichtig sind, sind das Selbstverständnis der Teilnehmer und ihre Zusammenarbeit mit den Eltern ihrer Spieler. Wir wollen, dass die Trainer Antworten auf folgende Fragen mit in ihren Verein nehmen: Wie will ich als Trainer wahrgenommen werden, und was sind meine Aufgaben? Dann kommen die Teilnehmer in gemeinsamen Diskussionen häufig darauf, dass sie zum Teil viel zu viele Aufgaben abseits des Platzes übernehmen müssen – sie sind noch Zeugwart, Turnierleitung, gar für den Kuchenverkauf oder das frische Obst am Spielfeldrand zuständig. Wir wollen vermitteln, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Eltern ist, dass Trainer gerne Aufgaben abgeben und delegieren können, um die Einbindung von Eltern zu verbessern und sich so stärker auf ihre Tätigkeit als Trainer konzentrieren zu können.
1.750 Trainerzertifikate bis Ende des Jahres 2025 lautet das gemeinsame Ziel. Heißt: Die nächsten Lehrgänge sind bereits geplant?
Wernick: Wir bieten pro Jahr bis zu 20 Lehrgänge an, verteilt auf alle sechs SBFV-Bezirke, also von Baden-Baden bis zum Bodensee. Ein Team von 20 Ausbilderinnen und Ausbildern des SBFV und des SC Freiburg führt die Lehrgänge mit viel Herz und Expertise durch. Den Großteil der diesjährigen Lehrgänge haben wir bereits geplant, der nächste startet etwa im Februar beim FC Simonswald.
Ziegler: Knapp 1.200 Absolventen hatten wir bis Ende des Jahres 2024. Besonders freut uns, dass viele ausgebildete Trainer nach der KiTZ-Ausbildung die Idee in ihren Vereinen weitertragen und sie an ihre Trainerkollegen weitergeben. Dadurch bekommen noch mehr Kinder ein noch besseres Training, haben im besten Fall noch mehr Freude am Fußball. Was wollen wir mehr? Interview: Christian Engel
Auch in diesem Jahr bieten der Südbadische Fußballverband und der SC Freiburg gemeinsam KiTZ-Lehrgänge an. Termine sowie weitere Informationen zur Anmeldung und Teilnahme findet man auf der SC-Homepage. Zum Kindertrainerzertifikat.
Foto: SC Freiburg
Bildunterschrift: Die Idee für ein gemeinsames Kindertrainerzertifikat entstand beim Südbadischen Fußballverband und dem SC Freiburg bereits vor vier Jahren. Bis Ende des Jahres 2025 sollen 1.750 Kindertrainer/innen ausgebildet werden, 1.200 sind es aktuell – die nächsten Lehrgänge sind bereits geplant.
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.