Vier Spiele, vier Autor/innen: Wir nehmen euch in dieser Woche mit auf den Weg ins Pokalfinale in Köln. Heute: Achtelfinale gegen Meppen.
Wie ich bereits dem Finale in Köln entgegenfiebere! Aus ganz verschiedenen Gründen: Zum einen, weil ich dann die SC-Frauen – wie schon 2019 – wieder mal in einem Pokalfinale sehen und unterstützen darf. Zum anderen, weil meine Enkelin Janina [Minge, d. Red.] dort auf dem Platz stehen und hoffentlich auch das eine oder andere Tor schießen wird. Und außerdem freue ich mich, weil wir im Anschluss an das Finale in einen Club gehen, kräftig feiern und ordentlich tanzen werden. Das hat mir Birgit – ich darf die Abteilungsleiterin der Frauen [Birgit Bauer-Schick, d. Red.] seit neuestem duzen – versprochen. Am besten lässt es sich natürlich nach einem Sieg tanzen, mit dem Pokal in der Hand!
Es war ein langer Weg bis ins Finale. Ans Achtelfinale gegen den SV Meppen kann ich mich noch gut erinnern. Die Sonne hat zwar geschienen, aber dennoch war es an jenem Novembermittag schon sehr kalt. Recht bald wurde es uns auf der Tribüne – und den restlichen 1600 Zuschauern – aber warm, was vor allem an dem Wahnsinnsschuss von Janina lag, den sie nach neun Minuten abließ. 1:0 für die SC-Frauen. Von mir aus hätten sie in der Folge ruhig noch eines nachlegen dürfen, ist ja immer so eine Sache, wenn man nur mit einem Tor Vorsprung führt. Das kostet Nerven, kann ich sagen. Aber wir haben es über die Zeit gebracht, sind aufgrund der Vielzahl an Torchancen verdient ins Viertelfinale eingezogen.
Nach dem Spiel kommt Janina immer zu uns hoch auf die Tribüne. Dann herze und drücke ich sie erstmal kräftig, bevor ich meine Kritikpunkte loswerde. Ich sage immer, sie solle nicht so viel laufen, diese Pferdelunge, sondern lieber mal öfter kräftig draufballern. Das macht sie insgesamt viel zu wenig. Gegen Meppen hat man doch gesehen, dass sie das kann.
Wir als Familie sind natürlich ungemein stolz auf Janina. Wie sie sich entwickelt hat in den vergangenen Jahren, ist schon grandios. Sie muss da auch bisschen was vom Opa geerbt haben. Also zumindest die Offensivfreude. Ich habe ja auch mal gekickt: im offensiven Mittelfeld. Mit 16 Jahren durfte ich bereits bei den 1. Herren mitspielen, bei der TSG Hergensweiler, in der Nähe von Lindau am Bodensee. Gut, 1. Bundesliga – wie Janina heute – war’s damals nicht, aber immerhin Kreisliga.
Wir fahren vom Bodensee zu jedem Heimspiel ins Dreisamstadion. Mittlerweile fahre ich mit meinen 84 Jahren lieber nicht mehr selbst, häufig fährt meine Schwiegertochter, Janinas Mutter. Oft kommen auch die andere Oma und der andere Opa von Janina mit – sie hat also zur Unterstützung immer einen stimmkräftigen Fanclub dabei. Meine Brüller, die ich im Spiel hin und wieder mal loslasse, hört sie jedenfalls stets auf dem Platz, wie sie mir mal erzählt hat. Vor allem wenn sie gefoult wird, kann ich mich nicht zurückhalten. Dann zucke ich auf der Tribüne echt zusammen und bin erst wieder froh, wenn sie aufsteht und weitergehen kann. Ich sage ihr immer: Geh selber ruhig mal bisschen härter rein, so wie dein Opa früher.
Völlig emotional war ich, als Janina zum ersten Mal im Trikot der deutschen Nationalmannschaft auflief. Im Februar war’s, in Duisburg. Als sie in der 82. Minute gegen Schweden eingewechselt wurde, liefen mir die Tränen runter, so gerührt und so stolz war ich auf meine Janina.
Wer weiß, vielleicht schießt Janina nun im Endspiel gegen Wolfsburg das entscheidende Tor zum Titelgewinn. Dann könnte ich meine Emotionen sicherlich nicht zurückhalten. Dann würde die Tanzfläche im Club später brennen, das kann ich Ihnen sagen. Dann würden wir feiern bis in die Morgenstunden. Ach, Träumen darf ja wohl erlaubt sein. Und wenns am Ende dann doch nicht so kommen sollte, wie ich es mir gerade vorstelle, werde ich auf Janina und ihre Mitspielerinnen dennoch stolz sein: Weil sie Woche für Woche Großartiges leisten – und uns stets glücklich machen.
aufgezeichnet von Christian Engel
Theo Minge (84) ist bei jedem Heimspiel auf der Haupttribüne des Freiburger Dreisamstadions anzutreffen und wird auch nach 2019 seine Enkelin Janina wieder im Pokalfinale lautstark anfeuern.