Eine besondere Veranstaltung zum Thema politische Bildung fand kürzlich im Dreisamstadion statt: Ein ehemaliger Rechtsextremist berichtete über seine Vergangenheit. Sein Vortrag über eine Jugend in Springerstiefeln hinterließ Spuren.
Dass politische Bildung aufrütteln kann, bewies der Vortrag „Unter Staatsfeinden – mein Leben im braunen Sumpf der Neonaziszene“ des ehemaligen Rechtsextremisten Manuel Bauer im Dreisamstadion vor den Teams, Trainern und Funktionsteams der U17, U19 und U23 des SC Freiburg.
Aussteiger Bauer berichtete von seiner Jugend im Osten Deutschlands, die ihren Teil dazu beitrug, ihn zu einem wütenden und aggressiven Mann mit kurzgeschorenen Haaren und Schuhen mit Stahlkappen zu machen.
Zwei Jahre Knast
Die ihn auch zum prügelnden Ausländerhasser und Verfechter einer Rassenideologie gemacht hatten, die doch in Deutschland längst überwunden geglaubt schien. Zwei Jahre war Bauer für seine Gewaltverbrechen im Knast, über die er detailliert berichtet. „Viel zu kurz, gemessen an dem, was ich gemacht habe“, wie er selbst inzwischen einräumt.
Dank Exit Deutschland, einer Initiative, die seit dem Jahr 2000 für Aussteiger aus der rechtsextremen Szene Hilfe zur Selbsthilfe bietet, hat auch er den Weg hinausgefunden und lebt nun im Südwesten. Aber an diesem Abend erzählt er vor allem von dem Mann, der er einmal war.
Gewaltexzesse und Beschimpfungen
Bauer selbst warnt die Zuhörenden vor dem, was in seinem Vortrag folgt. Er wolle so authentisch wie möglich sein, deshalb werde er Begriffe und Ausdrucksweisen benutzen, die verstörend sein können. Mehrfach entschuldigt er sich für deren Verwendung.
Dennoch herrscht betretene Stille, als er berichtet, wie er früher Menschen als „Halbaffen“ oder weit Schlimmeres bezeichnet und an eine damals für ihn existierende, jüdische Weltverschwörung geglaubt hatte. „Wahnsinn“, sagt er dabei selbst und tippt sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Vortrag erzielt Wirkung
Heute will Aussteiger Bauer, der sich selbst als „voluminösen Ex-Nazi“ bezeichnet, informieren, will aufrütteln. „Aufklärung ist deshalb heute so wichtig, weil die populistisch-rechtskonservativen politischen Ansichten und Ausrichtungen Otto Normalverbrauchern zunehmend als ‚normal‘ suggeriert werden und somit die feste rechte Weltanschauung näher denn je ist, sich als normale bürgerliche Gesellschaftsordnung zu etablieren“, warnt er.
Sein Vortrag jedenfalls hat Eindruck hinterlassen. „Als Fußballschule und als Ausbildungsstätte verfolgen wir das Ziel, mündige, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten oder zu unterstützen. Aufgrund der aktuellen politischen Lage in Deutschland und des seit längerem anhaltenden Rechtsrucks haben wir entschieden, eine Sonderveranstaltung zu diesem Thema zu machen. Wir sind sehr froh über die Veranstaltung und den dadurch angestoßenen Gesprächs- und Diskussionsstoff“, sagt Joshua Klein, Pädagoge an der Freiburger Fußballschule.
„Hart an der Grenze“
Intensiv hätten gerade die Jüngeren beim Abendessen im Fußball-Internat des SC Freiburg noch über den Abend gesprochen. „Hart an der Grenze“ war der Vortrag für die Jungen mit ganz unterschiedlichen ethnischen Hintergründen mitunter gewesen, sagt SC-Pädagoge Klein.
Aber eben auch wichtig. „Wenn sie über den Abend sprechen, hat er was bewirkt. Und wenn nur einer einem Bekannten, der ähnlichen Thesen anhängt, sagt: Stopp, ich weiß, wohin das führen kann, dann ist schon was erreicht“, lautet das Fazit von Klein.