Während bei den Profis der Bundesliga-Spielbetrieb pausiert, geht es für unsere Zweite Mannschaft unermüdlich weiter. Sechs Spieltage sind absolviert, ganze 37 stehen noch bevor. Vor dem Derby an diesem Samstag (14 Uhr) bei der TSG Hoffenheim II haben wir mit Trainer Christian Preußer über den erfolgreichen Start und die noch anstehende Mammutsaison gesprochen.
Sechs Spiele, vier Siege, zwei Unentschieden. Das liest sich auf den ersten Blick nach einem äußerst gelungenen Saisonstart. Siehst Du das als Trainer genauso?
Christian Preußer: Das kann ich sofort mit Ja beantworten. Wir wollten den Kader deutlich verjüngen, wussten aber natürlich in der Vorbereitung erst einmal nicht, wie schnell die neue Konstellation funktionieren würde. Der erste Eindruck war, dass wir total viel Tempo haben, im Eins-gegen-Eins offensive Qualitäten, aber gegen den Ball auch Emotionen haben. Das hat sich mit jedem Spiel wieder bestätigt.
Die Statistik zeigt ein Torverhältnis von 20:6.
Die Anzahl der Tore ist natürlich schon unglaublich. Wir haben mit 5:0 bei Drittliga-Absteiger Großaspach gewonnen und sechs Tore gegen den FSV Mainz 05 II geschossen. Das spiegelt unsere Offensivkraft schon ein bisschen wider.
Ein bisschen ist gut. Das ist Bestwert im Ligavergleich.
Das stimmt. Die Tendenz ist natürlich total ersichtlich. Wir sind vorne schnell und trickreich, kommen an Gegenspielern vorbei und erspielen uns dadurch Torchancen in einer Häufigkeit, die es so in den vergangenen Jahren nicht gab. Insgesamt ist der Saisonstart sehr geglückt, da sind wir wirklich zufrieden. Trotzdem muss man das Ganze etwas relativieren. Wir haben bisher sechs Spiele gespielt, das ist nicht wirklich repräsentativ. Wir stehen noch ganz am Anfang und wissen das gut einzuordnen. Unsere Aufgabe ist es, diese Leistung insgesamt 42-mal abzurufen. Das wird noch eine ganz lange Saison.
Wo siehst Du noch Verbesserungspotenzial?
Die Effektivität ist immer ein Thema. Das klingt vor dem Hintergrund der 20 Treffer echt kurios, aber gegen Offenbach haben wir gesehen, dass wir dranbleiben müssen. Dann geht es auch nach wie vor darum, den Spielaufbau zu verbessern. Wir haben im Schnitt in jedem Spiel ein Gegentor bekommen. Das heißt, wir müssen gegen den Ball noch aufmerksamer sein, wir müssen Konter besser absichern und Situationen bei Ballverlusten noch mehr vorausahnen.
Dabei helfen soll der Ex-SC-Profi Johannes Flum. Welche Rolle übernimmt der 32-jährige Rückkehrer im Team?
Seine Aufgabe ist klar definiert: Neben seinen sportlichen Qualitäten – er hat gegen den FSV Frankfurt ein tolles Tor geschossen und er bereitet Treffer vor – soll er vor allem seine Erfahrungen, die er im absoluten Topbereich in Deutschland gesammelt hat, weitergeben. Er organisiert, er strukturiert – und er sorgt gemeinsam mit den Erfahrenen Felix Roth und Sandrino Braun-Schumacher dafür, dass eine Euphorie, die in so einer erfolgreichen Phase manchmal aufkommt, auch ein bisschen gebremst wird. Das füllt er bisher gut aus und ich habe den Eindruck, dass er sich hier schnell wieder wohlgefühlt hat und vieles noch von früher kennt.
Eine große Unbekannte war für alle lange, wie es überhaupt weitergeht. Der SC Freiburg II hat coronabedingt zwischen März und August kein Pflichtspiel bestreiten können. Wie hast Du Deine Schützlinge ein halbes Jahr bei Laune gehalten?
Ehrlicherweise war es teilweise schon zäh, weil wir in Kleingruppen und auch nur dreimal pro Woche trainiert haben und so gar nicht wussten, ob und wann es eine neue Saison geben würde. Wir haben die Zeit mit ein paar außerfußballerischen Challenges überbrückt, das war ganz gut. Aber klar wurde die Vorfreude erst dann wirklich größer, als unsere Spieltage terminiert waren und wir in die richtige Vorbereitung gestartet sind.
Eine Konsequenz des Saisonabbruchs im März war die Aufstockung der Regionalliga Südwest auf 22 Mannschaften. Uns stehen jetzt also noch 37 Spieltage bevor. Worauf kommt es in so einer Mammutsaison an?
Es geht darum, dass alle am Ball bleiben, auf ihre Möglichkeiten lauern – und dass auch die Spieler, die bisher nicht viele Einsatzminuten hatten, wissen, dass sie reinkommen werden. Wir werden die Saison sicher nicht mit zwölf, 13 Leuten zu Ende bringen. Unabhängig davon sollte der Kader möglichst verletzungsfrei bleiben. Wir Trainer müssen darauf achten, dass sich gerade die Jungen an die vielen Englischen Wochen gewöhnen. Daran, dass sie statt 26 Saisonspielen, die sie in der A-Jugend hatten, plötzlich 42 haben und dass auch noch U-Länderspiele dazukommen können. In dem Bereich wird es viel um Regeneration und Körpergefühl gehen und darum, auch mal den einen oder anderen Spieler rauszunehmen. Wir wollen da alle aufeinander aufpassen und das gut bewältigen.
Die nächste Aufgabe wartet an diesem Samstag bei der TSG Hoffenheim II, die bisher nur vier Punkte einfahren konnte. Worauf stellst Du die Jungs ein?
Es ist nicht unüblich, dass eine Zweite Mannschaft von den Punkten her keinen ganz so guten Start hat. Das kennen wir aus unseren zwei Vorsaisons auch. Trotzdem hat Hoffenheim eine gute Mannschaft mit guten Einzelspielern. Bei der TSG Balingen beispielsweise lagen sie mit 0:2 zurück und haben sich mit zehn Mann noch ein 2:2 erkämpft. Vom Grundsatz her ist es deshalb so, dass wir uns komplett neu einlassen. Wir bewerten nicht so sehr die Ergebnisse der Hoffenheimer, sondern deren Spielweise. Die ist offensiv, mutig, gut. Und wir gehen nicht davon aus, dass sie sich von unseren bisher 20 Treffern beeindrucken lassen.
Interview: Sina Ojo
Foto: Achim Keller