SC verliert Pokalfinale im Elfmeterschießen

Profis
21.05.2022

Der SC Freiburg hat sein erstes DFB-Pokal-Endspiel gegen RB Leipzig denkbar knapp mit 3:5 (1:0, 1:1) nach Elfmeterschießen verloren. Maximilian Eggestein (19.) brachte den Sport-Club im ausverkauften Berliner Olympiastadion in Führung. Christopher Nkunku (76.) glIch in der zweiten Halbzeit für die mittlerweile in Unterzahl spielenden Sachsen aus. Nach der torlosen Verlängerung vergaben Christian Günter und Ermedin Demirovic vom Punkt.

Der vierte Freiburger Aluminiumtreffer an diesem Abend gab den Ausschlag dafür, dass der SC Freiburg nach dem großen Traum der erstmaligen DFB-Pokalendspiel-Teilnahme den noch größeren Traum des ersten nationalen Titelgewinns verpasst hat. Ermedin Demirovic setzte den Ball nach einem packenden Endspiel über 120 Minuten und einem dramatischen Elfmeterschießen an die Querlatte. Nachdem zuvor schon Kapitän Christian Günter über das Tor geschossen und alle gegnerischen Schützen verwandelt hatten, hieß der DFB-Pokalsieger 2022 RB Leipzig.

„Es war eine super erste Halbzeit, die Jungs haben es hervorragend gemacht und waren voll da. In der zweiten Halbzeit wurde Leipzig besser, aber wir waren weiter dabei“, sagte Christian Streich nach dem Schlusspfiff. „Dann kam die Rote Karte, du führst 1:0, bist einer mehr und dann hat der ein oder andere Spieler gedacht, ich möchte jetzt auf keinen Fall einen Fehler machen. Dann kam der Ausgleich, in der Verlängerung auch der ein oder andere zu lange Ball und dreimal Pfosten oder Latte.“ so der SC-Trainer. „Im Elfmeterschießen hat Leipzig gut geschossen, wir zweimal nicht, das war schade. Aber ich muss auch sagen, ich schaffe es nicht, mich zu ärgern. Es war Wahnsinn, was hier los war. Die Unterstützung, so viele Fans aus Freiburg und von anderswo waren hier in Berlin. Das ist einfach nur toll, auch wenn ich mich morgen oder übermorgen sicherlich doch noch über den Spielausgang ärgern werde. Aber die Mannschaft hat Unglaubliches geleistet.“   

Rund 30.000 SC-Fans im Olympiastadion

Vor dem Anpfiff hatte sich im ausverkauften Olympiastadion ein Bild geboten, das so einmalig war wie das Ereignis, für das es geschaffen wurde. In der Ostkurve und darüber hinaus präsentierten rund 30.000 nach Berlin mitgereiste SC-Fans zur Freiburger Finalpremiere eine Choreografie, ähnlich eindrucksvoll wie die gesamte Saison: „Einzigartiger Verein – so wie du soll Fußball sein“, stand auf zwei Riesenbannern, über und unter denen zig Tausende rote und weiße Fahnen geschwenkt wurden.

Eine Woche nach dem Bundesliga-Saisonfinale trat der Sport-Club im Pokalfinale gegen RB Leipzig, das zum dritten Mal in den vergangenen vier Jahren im Endspiel stand, mit einer Änderungen in der Startelf an. Anstelle von Wooyeong Jeong rückte Manuel Gulde ins Finalteam, das gegen die Sachsen somit wieder mit einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette verteidigte. Auch die Sachsen traten gegenüber dem letzten Bundesligaspiel gegen Arminia Bielefeld auf einer Position verändert an: Lukas Klostermann startete rechts in der Dreierreihe für Angelino.

Begrüßt wurde die Mannschaft des Trainerteams um Christian Streich beim vielleicht größten Spiel der bisherigen Vereinsgeschichte von der bisher größten Anzahl an Anhängerinnen und Anhängern jemals bei einem Spiel außerhalb von Freiburg. In der Hauptstadt sahen diese wie auch der Anhang aus Sachsen zunächst einen von beiden Seiten kontrolliert gestalteten Spielauftakt. Der früh anlaufende Sport-Club erarbeitete sich leichte Vorteile, ohne zunächst zu Chancen zu kommen.

Eggestein trifft zur Führung

Dafür wurden die Leipziger gleich mit ihrer ersten Chance nach einer Viertelstunde gefährlich. Einen Schuss von Emil Forsberg aus spitzem Winkel wehrte Mark Flekken aber ab, und der Nachschuss von Christopher Nkunku wurde zur Ecke geblockt. Wenige Minuten später nutzte der Sport-Club seine erste gute Möglichkeit effizienter. Nach einer Hereingabe von Christian Günter suchte zunächst Roland Sallai vergeblich den Abschluss. Maximilian Eggestein (19.) verwertete den weitergeleiteten Ball dafür umso besser und erzielte mit einem Flachschuss in die linke Ecke das Führungstor.

Fünf Minuten später verhinderte Nico Schlotterbeck (24.) mit einer Rettungstat kurz vor der Torlinie den Ausgleich. Zuvor war nach einem missglückten Kopfball von Nicolas Höfler Nkunku zum Schuss gekommen und der Ball nach einer Parade von Flekken weiter Richtung Tor getrudelt. Die Partie wurde nun umkämpfter, der Sport-Club verteidigte diszipliniert und zeigte sich zweikampfstark. Viele Möglichkeiten ließ der SC bis zu Pause nicht mehr zu.

Einen Distanzschuss von Willi Orban (35.) wehrte erneut Flekken ab, ein Freistoß von Forsberg  wurde kurz darauf ebenfalls aus der Gefahrenzone befördert. Den letzten Abschluss vor dem Halbzeitpfiff präsentierte Vincenzo Grifo, dessen Distanzschuss in der Nachspielzeit der ersten Hälfte geblockt wurde. Damit blieb es nach dem Ende der ersten Freiburger Pokalendspiel-Hälfte bei der knappen, aber keineswegs unverdienten Führung.

Leipziger Ausgleich in Unterzahl

Im zweiten Durchgang entwickelte RB Leipzig zunächst mehr Druck. Mohamed Simakan (50.) scheiterte mit einem Schuss aus der Drehung am abermals stark reagierenden Flekken. Eine gefährliche Hereingabe von Kevin Kampl fand keinen Mitspieler. Der Sport-Club verteidigte jetzt tiefer und verdichtete dabei die Räume in der eigenen Hälfte weiter effizient.

Gerade einmal etwas mehr als zehn Minuten waren nach der Pause gespielt, als sich die Sachsen selber schwächten. Nach einem langen Ball riss Marcel Halstenberg als letzter Mann im Laufduell Lucas Höler zu Boden und sah für die Notbremse zu Recht die Rote Karte (57.). Den anschließenden Freistoß aus rund 24 Metern setzte Grifo ans linke Außennetz. In Überzahl kam der Sport-Club zu weiteren Möglichkeiten. Sallai (60.) verfehlte das Tor kurz darauf nicht weniger knapp, ein weiterer Distanzschuss von Grifo (65.) ging über das Tor.

Die Sachsen wirkten angeschlagen, schlugen gegen den eigentlich die Partie kontrollierenden Sport-Club aber noch einmal zurück. Nach einer Hereingabe von Konrad Laimer und einem von Orban gewonnenen Kopfballduell erzielte der zum langen Pfosten durchgelaufene Nkunku (76.) mit einem Außenristschuss den Ausgleich für Leipzig.

Beim SC Freiburg kamen anschließend mit Nils Petersen und Ermedin Demirovic die ersten frischen Kräfte ins Spiel, über das der Sport-Club die Kontrolle zurück zu gewinnen versuchte. Zumal Nkunku (83.), der an Flekken scheiterte, und Dani Olmo, der zwei Minuten später knapp am Tor vorbeischoss, sogar zu Chancen auf den Führungstreffer für die Sachsen kamen. Trotzdem blieb Leipzig bis zum Schluss der regulären Spielzeit die gefährlichere Mannschaft und erzwang zu zehnt die Verlängerung.

Dreimal Aluminium in der Verlängerung

In diese startete der Sport-Club wieder als das aktivere Team und verpasste die erneute Führung zu Beginn denkbar knapp. Nach einer Ecke von Günter landete ein Kopfball von Demirovic (92.) am linken Pfosten. Die Leipziger wehrten sich jedoch weiter. Nkunku (102.) verpasste eine Hereingabe von Mukiele knapp. Genauso erging es im Gegenzug Demirovic nach einer Flanke von Jonathan Schmid. Und wiederum nur zwei Minuten darauf verpasste der Sport-Club den zweiten Treffer per Doppelchance: Janik Haberer (106.) traf mit einem Schuss zunächst zum zweiten Mal in der Verlängerung den Pfosten, Demirovic setzte den Nachschuss aus guter Position über das Tor.

Auch nach dem letzten Seitenwechsel blieb das Pokalfinale extrem intensiv. Der Sport-Club suchte seine Chance auf den Lucky Punch, Leipzig hielt weiter dagegen und lauerte auf Konter. Das Aluminiumpech blieb dem Sport-Club auch in der zweiten Hälfte der Verlängerung treu. Ein Volleyschuss von Haberer landete an der Querlatte (115.). Luft anhalten hieß es drei Minuten später. Nachdem Olmo im Freiburger Strafraum im Duell mit Höfler zu Fall gekommen war und Schiedsrichter Sascha Stegemann hatte weiterlaufen lassen, intervenierte der VAR. Stegemann blieb jedoch auch nach dem Gang in die Review Area bei seiner Meinung. Es blieb beim 1:1, es blieb spannend und auch nach 120 Minuten beim Remis.

Unglücklich auch im Duell vom Punkt

Die Entscheidung darüber, wer von beiden Mannschaften seinen ersten nationalen Titel gewinnen würde, fiel somit im Elfmeterschießen. Vor der Leipziger Kurve am Marathon-Tor erwiesen sich die Sachsen am Ende als treffsicherer, verwandelten durch Nkunku, Orban, Olmo und Henrichs vier Mal, während für den Sport-Club nur Nils Petersen und Keven Schlotterbeck trafen. Trost, Aufmunterung und jede Menge verdienten Applaus gab für das Team unmittelbar darauf von den Tausenden Freiburger Fans auf den Rängen der Ostkurve.

Ein medizinischer Notfall führte dazu, dass sich die Siegerehrung und die Übergabe der Final-Silbermedaillen an das SC-Team und seine Trainer noch rund 20 Minuten verzögerte. Als der Stadionsprecher die erfolgreiche Versorgung der am Spielfeldrand behandelten Person vermeldet hatte und der Pokal übergeben war, hieß es für die Freiburger Spieler ein letztes Mal in dieser Spielzeit Abschied nehmen von ihrem Anhang – und Auf Wiedersehen sagen: In der neuen Saison mit der neuen Herausforderung Europa League, neben den gewohnten in der Bundesliga und im DFB-Pokal.

Dirk Rohde

Foto: Achim Keller

Stenogramm

Aufstellung SC Freiburg: Flekken - Gulde (106., K. Schlotterbeck), Lienhart, N. Schlotterbeck - Kübler (86., Schmid), Eggestein (86., Haberer), Höfler, Günter - Grifo, Höler (79., Petersen), Sallai (79., Demirovic) 
Trainer: Christian Streich 
  
Aufstellung RB Leipzig: Gulácsi – Klostermann, Orban, Simakan (113., Gvardiol) – Henrichs, Laimer (99., Adams), Kampl (69., Olmo), Halstenberg – Forsberg (61., Mukiele), Silva (61., Szoboszlai), Nkunku 
Trainer: Domenico Tedesco 
  
Tore: 1:0 Eggestein (19.), 1:1 Nkunku (76.) Elfmeterschießen: 0:1 Nkunku, 1:1 Petersen, 1:2 Orban, 1:3 Olmo, 2:3 K. Schlotterbeck, 2:4 Henrichs 
Gelbe Karten: Kübler, Lienhart, Demirovic - Simakan, Forsberg 
Gelb-Rote Karten: Kampl 
Rote Karten: Halstenberg 
Schiedsrichter: Sascha Stegemann 
Zuschauer: 74.322 

 

 
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