Roland Sallai ist mit seinen 22 Jahren schon ganz schön rumgekommen.
Der Offensivmann spielte in Ungarn, in Italien und auf Zypern, ehe er vor knapp zwei Jahren zum SC Freiburg wechselte. Nach seinem historischen Treffer beim 3:1-Sieg gegen Union Berlin am vergangenen Samstag und vor dem Gastspiel bei RB Leipzig an diesem Samstag (15.30 Uhr, live auf Sky und im Ticker auf scfreiburg.com), das ohne Zuschauer stattfinden wird, spricht der ungarische Nationalspieler im Interview der Woche.
scfreiburg.com: Roland, was wusstest Du über Freiburg und Deutschland, bevor Du hierhergekommen bist?
Roland Sallai: Die Brezeln kannte ich, und Gulasch. Wobei Gulasch ja auch in meiner Heimat sehr berühmt ist und mir dort tatsächlich auch ein bisschen besser schmeckt.
Und welche Eigenheiten sind für Dich typisch Deutsch?
Wenn ich ganz ehrlich sein darf, erlebe ich die Deutschen manchmal ein bisschen wie Soldaten. Wenn etwas gesagt wird, dann ist das verbindlich und muss auch gemacht werden. Für mich ist das ziemlich Deutsch. Die Ungarn sind da lockerer. Wenn wir zum Beispiel eine Teambesprechung hatten, war es ganz normal, dass der eine oder andere mal später kam. Hier ist das ein absolutes No-Go. Ich sehe aber ein, dass es in manchen Situationen schon sinnvoll ist, sich an Absprachen und Uhrzeiten zu halten (schmunzelt).
Du bist mittlerweile seit fast zwei Jahren hier, bist Du auch ein wenig zum "Soldaten" geworden?
Für mich war es ganz am Anfang eine große Umstellung - allein schon die Tatsache, dass ich nach dem Training oder Spiel meine schmutzige Kleidung in verschiedene Boxen legen musste und meine Schuhe wieder in eine andere Box. Von meinen vorherigen Vereinen in Ungarn, auf Zypern und in Italien kannte ich das nicht. Aber ich habe mich daran gewöhnt, das ist zur Routine geworden. Und auch sonst haben sich meine Freundin Bettina und ich sehr gut eingelebt in Freiburg, wir haben einige gute Ecken und Restaurants gefunden. Es ist zwar alles eher klein, aber dafür auch sehr ruhig und grün. Für unseren Hund Hugo ist das super.
Sportlich war es verletzungsbedingt nicht immer einfach für Dich, Adduktorenprobleme und eine Leisten-OP haben Dich zeitweise zurückgeworfen.
Das stimmt, es war schwierig. Ich habe vergangene Saison gut gespielt und ja auch zwei Tore geschossen, dann habe ich mich verletzt. Heute sehe ich es auch als Glück im Unglück. Weil um mich herum so viele Leute waren, die mir geholfen haben: meine Freundin, die Kollegen, die sportliche Leitung, die Trainer, die Physios.
Vergangenes Wochenende gegen Union durftest Du endlich wieder jubeln: Mit Deinem Tor hast Du den 3:1-Heimsieg eingeleitet und noch eine Vorlage nachgelegt. Weißt Du, dass Dein Treffer ein sehr besonderer war?
Ja, nach dem Spiel habe ich erfahren, dass es das 300. Erstliga-Tor für Christian Streich in seiner Amtszeit als Proftrainer war. Das ist natürlich ein schöner Nebeneffekt.
Nach dem Spiel hast Du sogar noch den Vorsänger auf Nord gegeben. Eine neue Erfahrung...
Das war ein unvergesslicher Moment, weil es das erste Mal überhaupt für mich war. Meine Stimme hat allerdings ein bisschen darunter gelitten, die war am Dienstag noch immer nicht ganz zurück (lacht). Und so schön es auch war: Mir ist klar, dass ich jetzt auf diesem Weg bleiben und weiter Gas geben muss.
Was weniger schön ist: Das Spiel gegen Union war vorerst das letzte vor Fans. Inwiefern ist der Tagesablauf von Euch durch die Corona-Thematik beeinträchtigt?
Wir haben eine medizinische Abteilung, die alle Entwicklungen im Blick hat und uns informiert. Natürlich unterhalten wir uns aber auch im Team ein bisschen darüber. Für uns ist es eine bittere Vorstellung, ohne unsere Fans spielen zu müssen, weil wir sie einfach brauchen. Es ist eine seltsame Situation. Wenn ich auf dem Platz stehe, ist Corona dann kein Thema mehr, auf dem Platz konzentriere ich mich nur auf das Spiel und mein Kopf ist komplett frei.
Am Samstag geht es nach Leipzig, wo unser Auswärtsspiel ohne Zuschauer stattfinden muss: Wie können wir dort nachlegen?
Leipzig hat am Dienstagabend noch gegen Tottenham gespielt und ist deshalb weniger ausgeruht. Trotzdem wird das eine sehr schwierige Aufgabe. Wir wollen am liebsten noch so ein Spiel zeigen wie das gegen Union und alles geben. Wenn schon nicht mit unseren Fans, dann eben für sie.
Interview: Marcel Burger, Sina Ojo