Nach dem fünften Sieg in Folge und vor dem Gastspiel beim FC Bayern München an diesem Sonntag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky, im Ticker auf Twitter und scfreiburg.com) spricht Mittelfeldmann Nicolas "Chicco" Höfler im Interview der Woche.
Chicco, wie viel Spaß macht es Dir im Moment, zur Arbeit zu gehen?
(lächelt) Natürlich läuft alles ein bisschen leichter, wenn der Erfolg da ist. Wir haben am Anfang der Saison eine Phase durchgemacht, in der es nicht so lief. Gleichzeitig war damals die Motivation sehr hoch, das Ganze zu ändern. Jetzt ist der Flow drin.
Du bist seit mehr als 15 Jahren beim SC Freiburg. Ist die aktuelle Phase sportlich die beste, die Du bisher erlebt hast?
15 Jahre sind eine lange Zeit, auch in der A-Jugend hatte ich zwei sehr erfolgreiche Jahre. Im Profifußball gehört das gerade aber auf jeden Fall zu der besten Zeit.
Fünf Siege in Folge, seit sieben Partien ungeschlagen. Was macht den Sport-Club aktuell so stark?
Wir hatten im Sommer ein paar Abgänge, die wir anfangs nicht so gut verkraftet haben, wie ich gedacht hätte. Da hat nicht jedes Rädchen ins andere gegriffen, und mal hatten wir zwar gute Spiele, aber die Ergebnisse haben nicht gepasst. In dieser Phase sind wir in einen leicht negativen Strudel geraten, und haben zum Glück im Training den Grundstein für die Wende gelegt.
Nach dem bitteren 1:3 gegen den FSV Mainz 05.
Danach war es echt nur eine Frage der Zeit, bis es wieder besser wird. Dass es dann sogar mit fünf Siegen in Folge klappen würde, war natürlich nicht abzusehen. Aber es ist gut zu erklären: Jeder hat gerade seine Position gefunden, kann seine Stärken ausspielen. Auch wir als Mannschaft haben uns noch mehr gefunden und die, die hintendran stehen, geben Vollgas und bringen, wenn sie reinkommen, noch mal einen Schub.
Fünf Tore und fünf verschiedene Torschützen waren es beim 5:0 gegen den 1. FC Köln. Auch Du hast Dein erstes Saisontor geschossen. Was sagt auch das aus?
Das war nicht immer so, wir mussten uns auch schon auf nur ein, zwei Spieler verlassen. Gerade haben wir die Qualität, die Tor-Last auf verschiedene Schultern zu verteilen. Ein Stück weit hängt das mit unserem Spielsystem zusammen. Santa (Baptiste Santamaria, d. Red.) und ich haben kürzere Wege zum Tor. Johnny Schmid und Chris Günter können höher stehen und Philipp Lienhart ist zum Beispiel extrem wachsam bei Standards. Wir haben eine Gier nach Erfolg und nach Toren und es macht allen extrem viel Spaß. Wir würden gerne weiter auf dieser Erfolgswelle reiten.
Wieso tun wir gut daran, trotzdem nicht in Euphorie zu verfallen?
Weil wir Freiburg sind. Wir wissen, dass so eine Saison lang ist und es verschiedene Phasen geben kann. Das haben die letzten Jahre immer wieder und auch diese Saison schon gezeigt. Wir wissen, was uns den Erfolg gebracht hat und ich bin sehr positiv, dass wir selbst negative Phasen in positive ummünzen können. Trotzdem bleiben wir demütig und realistisch.
Musst Du als erfahrener Mann die jüngeren Mitspieler auch hin und wieder dran erinnern?
Selbst die jungen Spieler haben schon ein, zwei, drei Jahre mitgemacht und sehen, worauf es in der Bundesliga ankommt. Unser oberstes Ziel ist der Nichtabstieg, und solange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, gibt es keinen Grund zu träumen oder sich zurückzulehnen und zu denken, dass auch 95 Prozent reichen. Unsere jungen Spieler sind so schlau und ehrgeizig genug, um das alles richtig einzuordnen.
Apropos "richtig einordnen". Bei aller Freude über Deinen Beruf hast Du längst erkannt, dass es mehr als den Fußball gibt und es nicht allen Kindern so gut geht wie Deinen vier. Du bist seit vorigem Jahr Botschafter für "Wir helfen Kindern e.V." und setzt Dich gegen den Missbrauch von Kindern ein. Wie sehr liegt Dir diese Arbeit abseits des Platzes am Herzen?
Sehr. Meine Frau Caro und ich haben immer mal wieder gespendet. Da wir aber mittlerweile doch so regional verbunden sind und hier mit unseren vier, bald fünf Kindern auch alt werden wollen, war es uns wichtig, uns noch spezieller zu engagieren. Bei Missbrauch an Kindern verschließen Menschen leider noch oft die Augen oder denken: Bei uns passiert sowas nicht. Wir hoffen einfach, dass wir das Thema so ein bisschen anstoßen können, damit Betroffenen früher geholfen wird.
Auch der SC Freiburg unterstützt Dein Engagement. Inwiefern ist die Arbeit durch die Corona-Umstände erschwert?
Normalerweise gehen alle Kinder und Jugendliche in Kindergärten und Schulen und es gibt Erzieher oder Lehrer, die ein bisschen ein Auge auf ihre Schützlinge haben. So können Gewalttaten im besten Fall frühzeitig unterbunden werden. Durch die Schließung der Schulen und weitestgehend auch Kindergärten fällt das aktuell weg. Sprich die Kinder sind nur zu Hause und das wachende Auge fehlt. Das ist eine schwierige und gefährliche Phase für betroffene Kinder. Aus dem Grund hoffe ich sehr, dass bald wieder mehr Einrichtungen öffnen können.
Für Dich und Deine Frau bedeutet der Corona-Lockdown auch wieder mehr Zeit als üblich mit den Kindern. Wie managt Ihr den Alltag?
Meine Frau Caro muss als Lehrerin Online-Unterricht geben. Insgesamt ist es schon sehr intensiv und auch manchmal etwas chaotisch, gerade wenn das Wetter nicht mitspielt. Wir versuchen einfach, das Beste draus zu machen und unseren Kindern immer etwas zu bieten. Aber wir wissen, dass es uns gut geht. Auch da geht es vielen Menschen ganz anders.
Sportlich wartet auf Dich und den SC Freiburg als nächstes München. Mit welcher Einstellung reisen wir zum Rekordmeister?
Es ist uns bewusst, dass wir mindestens das Gleiche an Engagement, Wille, Leidensfähigkeit auf den Platz bringen müssen wie in den letzten Spielen. Und selbst dann muss noch vieles zusammenlaufen: Wir müssen einen überragenden Tag haben und vor dem Tor eiskalt sein, und die Bayern müssen einen weniger guten Tag haben. Es wird darauf ankommen, inwieweit wir das erzwingen können. Dann ist alles möglich und wir schauen mal, was bei rumkommt.
Interview: Sina Ojo
Foto: Susann Friedrich