Sechs Spiele, sechs Auswärtsfahrten, sechs Autor*innen. Wir nehmen euch in dieser Woche mit auf den langen Weg ins Pokal-Finale in Berlin. Heute: Das Viertelfinale beim VfL Bochum.
Fünf Minuten sind eine kurze Zeitspanne. Morgens bleibt man gut und gerne mal „nur noch fünf Minuten“ liegen. Einmal umgedreht. Vorbei. Ich war schon immer ein Meister darin. Und hänge auch gerne nochmal fünf Minuten dran. Auch in einem Fußballspiel läuft die Zeit hin und wieder so dahin. Fünf Minuten, in denen von außen betrachtet wenig bis rein gar nichts passiert. Kaum vorbei, schon sind die Szenen vergessen.
In Bochum war das anders. Ich stehe auf dem Rasen des Ruhrstadions, die SC-Profis feiern gerade vor dem Gästeblock den Einzug Halbfinale. Ich schwitze, spüre meinen Herzschlag. Und ich weiß, dass mir die vergangenen fünf Minuten noch lange in Erinnerung bleiben.
Fünf Minuten früher auf der Medientribüne: Ein Unentschieden also. Wieder Elfmeterschießen, wie in Osnabrück. 120 Minuten sind gespielt, die Grafik mit dem Ergebnis ist vorbereitet, der Text im Kopf schon formuliert. Und plötzlich läuft Roland Sallai fast von der Mittellinie frei aufs Tor zu.
Weniger als sechs Sekunden liegen zwischen dem Fehler des Bochumer Verteidigers und dem langen Bein, mit dem Roland den Ball am Schlussmann vorbei ins Tor grätscht. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich an alles genau erinnern könnte. Es sind so viele Eindrücke und Gefühle in so wenigen Augenblicken. Aber ein Blick in die Kamera beweist: Inmitten aller Emotionen haben meine Abläufe funktioniert.
Eins. Roland hat freie Bahn. Zwei. Lass das Handy los. Drei. Schnell die Kamera in die Hand. Vier. Roland im Fokus. Fünf. Klick. Sechs. Klick, Klick, Klick. Siehe da: Das Tor zum Halbfinale festgehalten von der Medientribüne. Geil!
Es gibt sicher schönere Fotos. Qualitativ hochwertigere Fotos. Aber manchmal schlägt Schnelligkeit die Kür. Und wenn dein Team in der 120. Minute den Siegtreffer erzielt, bleibt keine Zeit zum Überlegen. Soziale Medien sind schnell. Und ich kann es – manchmal – auch sein.
Ich bin SC-Fan, war ich schon immer. Ein Tor lässt mich durchdrehen, ein so besonderes umso mehr. Last-Minute-Siegtreffer in der Verlängerung: WAHNSINN! Aber ich bin auch Social Media Manager. Und während bei allen anderen Freiburgern im Stadion die Ekstase einsetzt, bleibe ich, gezwungenermaßen, ruhig. Also äußerlich. Um mich herum wird gebrüllt, gepfiffen, geflucht. Und mein Torjubel? Schnell an den Laptop, das Tor mit der Twitter-Community teilen. Am Handy die Instagram-Follower an der Freude teilhaben lassen.
Ich sehe, wie die Spieler langsam zurück in die eigene Hälfte gehen, die Fans im Gästeblock klatschen sich ab. Und bei mir kommen die eben aufgenommenen Fotos ins Spiel. Runterziehen von der Kamera, rein in die Grafik, Ergebnis anpassen, Bild exportieren. Dann pfeift der Schiri auch schon ab. Raus damit auf Facebook, Instagram, Twitter: „HALBFINALE!!!!!!“ Irgendwas vergessen?! Innerlich mache ich weiter Freudensprünge, äußerlich klappe ich den Laptop zu und gehe schnell nach unten.
Ich schwitze, spüre meinen Herzschlag. Und empfinde pure Freude. Die Mannschaft feiert mit den SC-Fans, ich halte diese Eindrücke fest. Und ich bin mir sicher: Morgen bleibe ich sicher nicht nur einmal fünf Minuten liegen.
Der Autor: Marcel Burger (30), geboren und aufgewachsen im Schwarzwald und seit drei Jahren Social Media und Content Manager beim Sport-Club.