"Große Augen gemacht"

Profis
01.03.2025

Jeder Club hat seine Kultfiguren. Vor dem Spiel beim FC Augsburg kommt eine der Legenden des nächsten SC-Auswärtsgegners zu Wort: Wolfgang Haug. 

Herr Haug, wir sollen Ihnen schöne Grüße von Hans Jörg ausrichten. Ihn haben wir vergangene Saison hier interviewt und uns im Vorfeld dieses Gesprächs mit ihm über Sie unterhalten.

Haug: Danke, das ist nett. Hans war ein toller Spieler. Er kam wie ich im Sommer 1973 zum FC Augsburg – er vom FC Bayern, ich vom SSV Reutlingen. Wir haben uns auch nach der aktiven Zeit hin und wieder getroffen. Was hat er denn über mich erzählt?

Er sagte:„Wolfgang war der laufstärkste Spieler im Team, ein fleißiger Arbeiter, hatte nie Flausen im Kopf“.

Haug: Da stimme ich zu. Was er netterweise weggelassen hat, war meine Abschlussschwäche (lacht). Das Toreschießen war nicht meine Stärke. Und doch habe ich zwei wichtige Treffer für den FCA erzielt.

Welche waren das?

Haug: Das eine Tor schoss ich in der Saison 1973/74, in der wir am Ende Meister der Regionalliga Süd wurden und letztlich in die 2. Bundesliga aufstiegen. Das war gleich zum Saisonauftakt, daheim gegen den 1. FC Nürnberg, der neben 1860 München der größte Konkurrent um die Meisterschaft werden sollte. Kurz vor Abpfiff stand es 1:1, als ich aus knapp 25 Metern einfach mal abzog. Und zur Verwunderung aller auf dem Platz ging der Ball auch rein (lacht).

Und der zweite wichtige Treffer?

Haug: Der gelang mir im DFB-Pokal gegen 1860 München. Das war 1976/77, dritte Runde: Auch hier erzielte ich den 2:1-Siegtreffer. Der Achtelfinaleinzug war etwas ganz Besonderes für uns, auch wenn dort dann gegen die SpVgg Bayreuth leider Schluss war.

Sie haben die Meistersaison 1973/74 schon angesprochen, mit der im Club und in der Stadt wohl kaum jemand gerechnet hatte. Schließlich war der FCA frisch aus der Bayernliga aufgestiegen.

Haug:Und doch waren die Ambitionen groß, das hatte ich bereits gespürt, als man mich vor der Saison zu Verhandlungsgesprächen über einen möglichen Wechsel eingeladen hatte.

Wie waren die abgelaufen?

Haug: Recht kurios. Ich spielte beim SSV Reutlingen und machte nebenher bei einem Elektromediziner in Tübingen eine Lehre zum Feinmechaniker. Der Anruf aus Augsburg erreichte mich bei der Arbeit: ob ich nachmittags für Gespräche in Augsburg sein könne. Also fuhr ich hin und hockte mich mit Vereinsvertretern im Hotel Alpenhof zusammen. Nach drei Stunden war der Vertrag unterschrieben.

Was hatte Sie vom Wechsel überzeugt?

Haug: Die Stadt reizte mich, und mir gefielen die sportlichen Ambitionen. Es hieß, man wolle auch als Aufsteiger in der Regionalliga oben mitspielen, perspektivisch auch noch höherklassiger spielen.

Was schon ein Jahr später wahr wurde.

Haug: Wir haben einen tollen Saisonstart hingelegt. Erst der Sieg gegen Nürnberg und am zweiten Spieltag bei 1860 München ein 1:1 vor rund 90.000 Fans im Olympiastadion. Das war ein sagenhaftes Erlebnis. Vor allem zuhause im Rosenaustadion verloren wir kein einziges Saisonspiel – da war die Stimmung im Verein und in der Stadt plötzlich total euphorisch.

Das dürfte auch an Neuzugang Helmut Haller gelegen haben.

Haug: Absolut! Er war ein Weltstar, war in Italien zweimal Meister mit Juventus Turin und zudem zu Italiens „Fußballer des Jahres“ gewählt worden. Wir haben große Augen gemacht, als er eines Morgens mit seinem grünen Porsche aufs Trainingsgelände fuhr.

Haller war gebürtiger Augsburger …

Haug: … und wollte zum Ende seiner Karriere wieder zurück in seine Heimat. Das war für viele Menschen in der Stadt und im Verein eine Riesenüberraschung. Es gab zu der Zeit in Deutschland keinen besseren Techniker als ihn. Man wusste nie, was er mit dem Ball anstellte. Aber er machte immer das richtige. Er spielte auf der Acht, ich auf der Sechs. Häufig schickte er mich raus auf den Flügel, weil ich eben sehr laufstark war. Ich rannte einfach bis fast an die Eckfahne und wusste, dass der Ball zentimetergenau vor meinen Füßen runterkommen würde. Und dann flankte ich in den Sechzehner, wo Mittelstürmer Karl Obermeier lauerte. So haben wir viele Tore erzielt.

Sie wurden am Ende jener Saison Regionalliga-Meister – und standen somit in der Aufstiegsrunde zur Bundesliga.

Haug: Die 2. Bundesliga wurde erst zur neuen Saison eingeführt. In der Aufstiegsrunde ging es also darum, durch einen ersten Platz in die höchste deutsche Spielklasse aufzusteigen oder eben in die neue zweithöchste Liga zu kommen. Am Ende verpassten wir den Sprung nach ganz oben denkbar knapp, weil wir im letzten Gruppenspiel gegen den FC St. Pauli eine 3:1-Führung noch verspielten. Das hat mich lange geärgert. Aber dem FCA ist der Bundesligaaufstieg ja dann später geglückt – und seit jener Saison 2011/12 spielen sie ununterbrochen in der höchsten Spielklasse. Hut ab, wie sich der Verein entwickelt hat!                 

Interview: Christian Engel

Foto: Imago Images

Bildunterschrift: Wolfgang Haug (75) absolvierte zwischen 1973 und 1978 für den FC Augsburg 167 Spiele. Der Mittelfeldspieler war 1973 vom SSV Reutlingen zum Zweitliga-Aufsteiger FC Augsburg gewechselt. Im Anschluss an seine Fußballkarriere arbeitete er als Zahntechniker in der Nähe von Tübingen. 

 

 
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