"Ungeduscht in den Bus"

Profis
25.10.2024

Jeder Club hat seine Kultfiguren. Vor dem Spiel bei RB Leipzig kommt eine der Legenden des nächsten SC-Auswärtsgegners zu Wort: Daniel Rosin.

Rosin: Hallo, schön, dass Freiburg anruft. Ich habe immer noch sehr gute Kontakte zu Stefan Reisinger, der ja mal ein paar Jahre beim Sport-Club spielte und dort sicher noch dem einen oder anderen Fan bekannt sein dürfte.

Von 2009 bis 2012 stürmte Reisinger für den SC, traf zwölf Mal in 76 Spielen. Woher kennen Sie ihn so gut?

Rosin: Im Sommer 2003 kamen wir beide zu Wacker Burghausen, Stefan von Greuther Fürth, ich von Alemannia Aachen. Wir haben uns von Anfang an verstanden, sind richtig gute Freunde geworden. Wir luden uns später auch gegenseitig zu unseren Hochzeiten ein, telefonieren heute noch regelmäßig.

Ist man zu Freunden gnädiger in Trainingsspielen?

Rosin: Im Gegenteil. Wahrscheinlich kriegen Freunde noch mehr auf die Knochen, weil ich mir nie nachsagen lassen wollte, die Kumpels extra zu schonen. Er hat sich in Trainingszweikämpfen jedenfalls häufiger wehgetan als ich (lacht).

Wacker Burghausen war Ihre längste Station als Profi – von 2003 bis 2008 waren Sie dort. Nachdem Sie bei Dynamo Dresden neun Jahre in der Jugend gespielt hatten, wechselten Sie im Herrenbereich schnell zum großen FC Bayern München – wie kam es dazu?

Rosin: Ich hatte meine ganze Jugend bei Dynamo verbracht, dort alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen. Als ich in der A-Jugend war, durfte ich auch öfter bei den Männern mittrainieren, bekam aber das Gefühl, dass Dynamo in jenen Jahren nicht wirklich auf den Nachwuchs setzte. Also sagte ich dem FC Bayern München zu, der im Sommer 1998 auf mich aufmerksam geworden war, weil ich in jener Zeit auch Jugendnationalspieler wurde. Dort bin ich erst in der A-Jugend und später bei  den Amateuren eingesetzt worden. Co-Trainer war damals Gerd Müller, der unglaublich viele tolle Geschichten zu erzählen hatte.

Ihre Geschichte führte Sie nach zwei Jahren bei den Bayern erst nach Aachen, dann nach Burghausen und 2008, im Spätsommer Ihrer Karriere, zurück in den Osten, zum damaligen Regionalligisten 1. FC Magdeburg. Wo Sie aber nur eine Saison blieben …

Rosin: … was ursprünglich anders geplant war. Ich hatte einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Es hieß: In diesen drei Jahren müssen wir in die 3. Liga aufsteigen. In meiner ersten Saison, 2008/09, hatten wir leider zwei Schwächephasen, wurden am Ende nur Vierter und stiegen nicht auf. Das ärgert mich bis heute. Wir holten zwar den Sachsen-Anhalt-Pokal im Finale gegen den Halleschen FC, kurz danach sagte man mir aber, dass man für die kommende Saison nicht mehr mit mir plane. Das war ein herber Schlag.

Gut für Sie, dass nur knapp 100 Kilometer entfernt ein neuer, ambitionierter Verein gegründet wurde, der Sie haben wollte.

Rosin: RB Leipzig übernahm zur Saison 2009/10 das Startrecht des SSV Markranstädt in der fünftklassigen Oberliga Nordost. Die Anfrage von RB kam zu einem sehr guten Zeitpunkt für mich, denn wann hat man als Spieler schon mal die Möglichkeit, bei der Gründung eines so ambitionierten Vereins dabei zu sein?

Das Projekt hat auch in der Region nicht nur Freudenrufe erzeugt.

Rosin: In erster Linie klang es für mich nach einem sehr spannenden Projekt, weil dort ein Verein entstehen sollte, der in spätestens acht Jahren Bundesliga spielen wollte. Das war eine faszinierende Vorstellung, auch für die gesamte Region, endlich einen konkurrenzfähigen Bundesligisten zu haben. Aber natürlich nicht für alle. Bei einem Auswärtsspiel mussten wir uns sofort nach Abpfiff ungeduscht in den Bus flüchten, die Polizei begleitete uns dann aus der Stadt. Dafür bekamen wir öfter mal gratis eine Bierdusche, und es flogen auch mal Steine gegen die Busscheiben.

Ließen die Anfeindungen in Ihren drei Jahren bei RB Leipzig nach?

Rosin: Zum Glück schon recht schnell. Wir waren im ersten Jahr direkt in die Regionalliga Nord aufgestiegen und spielten dann nicht mehr gegen die benachbarten Vereine wie beispielsweise Lok Leipzig, deren Fans RB in besonderem Maße nicht leiden konnten. Es wurde in der Regionalliga schon deutlich besser, wenngleich es immer Kritiker gab.

Ihre Zeit bei RB endete jäh. Mal wieder streikte das rechte Knie …

Rosin: Ich hatte bereits zwei Kreuzbandrisse, als ich mir – recht früh in der Saison 2011/12 – im Training einen Innenbandriss zuzog. Ich versuchte mich ein Jahr lang zurückzukämpfen. Am Ende aber reichte es nicht mehr, Profisport war mit dem Knie nicht mehr möglich. Sehr traurig und schade. Zum Glück durfte ich vor der Verletzung noch bei einem großen RB-Erfolg mitwirken. In der ersten DFB-Pokalrunde empfingen wir den VfL Wolfsburg, der zwei Jahre zuvor mit Felix Magath Deutscher Meister geworden war. Die hatten tolle Spieler, wir aber in Daniel Frahn einen Stürmer, der an jenem Abend sensationelle drei Tore erzielte. Zehn Minuten vor Schluss wurde ich eingewechselt, am Ende feierten wir frenetisch den 3:2-Sieg. Mit diesem Erfolg habe ich quasi meine Karriere beendet – es gibt Schlimmeres.            

Interview: Christian Engel

Foto: Imago Images

Bildunterschrift: Daniel Rosin, 44, kam im Sommer 2009 zu RB Leipzig, für den er in der Folge 50 Pflichtspiele absolvierte. Nach einer Knieverletzung musste der Defensivspieler seine Karriere 2012 beenden. Heute arbeitet er als Sozialversicherungsfachangestellter bei einer Krankenkasse.

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.

 
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