Im Viertelfinale des DFB-Pokals hat sich der SC Freiburg dank einer starken Leistung und eines späten Elfmetertores von Lucas Höler (90.+5) mit 2:1 (1:1) beim FC Bayern München durchgesetzt.
Es läuft die dritte Minute der Nachspielzeit in der Allianz-Arena, als Schiedsrichter Harm Osmers nach einem Handspiel von Jamal Musiala im eigenen Strafraum beim Stand von 1:1 auf den Elfmeterpunkt zeigt. Lucas Höler schnappt sich den Ball, läuft an, setzt den Strafstoß cool an Yann Sommer vorbei in die Maschen und dreht jubelnd in Richtung Freiburger Fankurve ab. In Sekundenbruchteilen ist der Stürmer Teil einer Traube aus Mitspielern und Mitgliedern des Trainerteams, denn in dieser Minute steht so gut wie fest: Der Sport-Club wird nicht nur zum ersten Mal in seiner Vereinshistorie beim Rekordmeister gewinnen, sondern auch zum zweiten Mal in Folge in das Halbfinale des DFB-Pokals einziehen. Eine Zeigerumdrehung später folgen Schlusspfiff und grenzenloser Jubel im Freiburger Lager.
"Wir haben lange überlegt, wie wir den Bayern begegnen sollen", erklärte Christian Streich nach dem Sieg. "Die Mannschaft hat viele Dinge gegen den Ball gut gemacht, wir haben es den Bayern schwer gemacht und hatten auch in der zweiten Halbzeit gute Abstände zwischen den Spielern. Ich habe jetzt schon so oft in München verloren, jetzt sei es uns gegönnt, auch mal in München zu gewinnen."
Ein Wechsel im Vergleich zu Berlin
Das Freiburger Trainerteam kehrte für das Pokal-Viertelfinale in der Allianz-Arena zur Viererkette zurück und nahm im Vergleich zum Liga-Remis gegen Hertha BSC einen Wechsel in der Startelf vor. Michael Gregoritsch, der am Samstag gelbgesperrt gefehlt hatte, kehrte in die Anfangsformation zurück. Für ihn nahm Kenneth Schmidt auf der Bank platz. Einen Wechsel hatte auch Thomas Tuchel nach seinem Premierensieg als Trainer des FCB gegen Borussia Dortmund parat. Anstelle von Alphonso Davies begann Joao Cancelo.
„Wir brauchen alle auf 100 Prozent“ hatte Christian Streich im Vorfeld des Spiels angesichts der schweren Aufgabe beim Rekordmeister erklärt. Dieser legte mit viel Ballbesitz los, konnte in den Anfangsminuten gegen gut gestaffelte und im Mittelfeld aggressiv agierende Freiburger aber keine Torchancen verzeichnen. Den ersten Abschluss der Partie verbuchten die Gastgeber erst nach gut 12 Minuten. Leroy Sané zog mit viel Tempo vor dem Strafraum in die Mitte, setzte seinen Flachschuss aber einen Meter am Kasten von Mark Flekken vorbei, der in dieser Pokalrunde den Vorzug vor Noah Atubolu erhalten hatte.
Erst Upamecano, dann Höfler
Torchance Nummer zwei des FCB wackelte dann allerdings im Netz des Freiburger Rückhalts. Nach einer Ecke schraubte sich Dayot Upamecano unter intensivem Armeinsatz höher als Maximilian Eggestein und köpfte ein. Der heftige Protest der Freiburger Spieler bei Schiedsrichter Harm Osmers verhallte – der zweifelhafte Treffer zählte (20.).
Unterstützt von 7.500 lautstarken Gästefans versuchte sich der Sport-Club nach dem 0:1 sofort wieder in die Partie zu arbeiten und kam nach einer schönen Flanke von Vincenzo Grifo auf den Kopf von Michael Gregoritsch zu einer ersten gefährlichen Torannäherung, die Yann Sommer vereiteln konnte (24.).
Drei Minuten später war es dem Freiburger Anhang dann doch vergönnt den Ausgleich zu bejubeln. Nicolas Höfler bekam einen Abpraller 22 Meter vor dem gegnerischen Kasten auf den schwächeren Linken serviert und schweißte ihn per Direktabnahme unhaltbar ins lange Eck (27.). Ein Treffer der Marke "Tor des Monats" vom Mittelfeldroutinier.
Mit 1:1 in die Pause
Das Pokalspiel war spätestens mit dem 1:1 offiziell auf Betriebstemperatur. Beide Teams lieferten sich intensive Zweikämpfe am Rande der Legalität. Insbesondere Michael Gregoritsch wurde von seinen Gegenspielern heftig beackert, ein Pfiff des Unparteiischen folgte dennoch nur selten. Das ausgerechnet der Österreicher es war, der für ein Vergehen mit der ersten Gelben Karte der Partie bedacht wurde, entbehrte nicht einer gewissen Ironie.
Erst kurz vor der Pause wurde es noch zweimal brenzlig vor dem Kasten der Breisgauer. Weil Mark Flekken die Kugel nach einer flachen Hereingabe in den Fünfer von den Füßen von Eric Maxim Choupo-Moting kratzen konnte (45.) und eine Zeigerumdrehung später Matthias Ginter für seinen geschlagenen Keeper auf der Linie rettete (45.+1), ging es mit 1:1 in die Kabinen.
SC hält weiter mit
45 Minuten lang hatte der Sport-Club dem Rekordmeister erfolgreich Paroli geboten. Sollte dies auch im zweiten Durchgang gelingen? Die erste Torchance nach Wiederanpfiff gehörte zumindest den Breisgauern. Nach einer Ecke drückte Lucas Höler aus dem Rückraum ab, verfehlte das Tor aber um einige Meter (48.). Wenige Minuten später versuchte es Matthias Ginter aus elf Metern per Kopf, fand aber nur die Arme von Yann Sommer (53.).
Obwohl die Heimelf mit zunehmender Spieldauer höher aufrückte und die erneute Führung erzwingen wollte, spielte der Sport-Club weiter gut mit und befreite sich phasenweise sehenswert aus der Umklammerung der Bayern. Die elf Freiburger auf dem Rasen warfen sich in jeden Ball und eroberten diesen häufig bereits im Mittelfeld. Erst ein Lattenkopfball von Benjamin Pavard nach 61 Minuten markierte die erste echte Münchner Torannäherung nach dem Seitenwechsel.
In der Schlussphase der regulären Spielzeit setzte der Rekordmeister die Breisgauer zunehmend in der eigenen Hälfte fest – ohne allerdings zu klaren Chancen zu kommen. Auch die Freiburger Entlastungsangriffe fanden nur noch selten ihren Weg in das letzte Drittel.
Und so wirkte es bis in die letzte Minute der Nachspielzeit so, als würde es für den SC zum dritten Mal in dieser Pokalsaison in die Verlängerung gehen. Bis Harm Osmers auf den Punkt zeigte und Lucas Höler den SC ins Glück schickte. "Es ist ein besonderer Sieg, weil wir hier noch nie gewonnen haben. Gegen die Bayern muss alles zusammenkommen. Aber wir haben nicht nur Glück gehabt, die Mannschaft hat Vieles ganz toll gemacht heute," lobte auch Christian Streich.
Ausgelost wird das Halbfinale des DFB-Pokals am Sonntag um 19 Uhr in der ARD Sportschau.
David Hildebrandt
Foto: Achim Keller
Aufstellung FC Bayern München: Sommer - Pavard, Upamecano, de Ligt, Joao Cancelo - Kimmich, Müller, Goretzka (79., Mané) - Sané, Choupo-Moting (64., Musiala), Coman (64., Gnabry) | |
Trainer: Thomas Tuchel | |
Bank: Ulreich, Blind, Davies, Sarr, Stanisic, Gravenberch | |
Aufstellung SC Freiburg: Flekken - Sildillia, Ginter, Gulde, Günter - Doan, Eggestein, Höfler, Grifo (68., Sallai)- Höler, Gregoritsch | |
Trainer: Christian Streich | |
Bank: Atubolu, Schmid, Schmidt, Jeong, Keitel, Röhl, Weißhaupt, Petersen | |
Tore: 1:0 Upamecano (20.), 1:1 Höfler (27.), 1:2 Höler (90.+5, HE) | |
Gelbe Karten: Upamecano, Mané, Pavard, Kimmich - Gregoritsch, Sildillia | |
Gelb-Rote Karten: - | |
Rote Karten: | |
Schiedsrichter: Harm Osmers | |
Zuschauer: 75.000 |