Ein Bild und seine Geschichte. Jan Rosenthal, von 2010 bis 2013 für den Sport-Club am Ball, über seinen besonderen Platz in der Dreisam.
Das ist eine meiner schönsten Freiburg-Erinnerungen: sich nach dem Training im Sommer einfach noch in den Fluss zu setzen - natürlich mit den anderen Jungs, die zwar nicht im Bild, aber da sicher auch dabei sind, etwa Flumi (Johannes Flum, Anm. d. Red.), Julian Schuster oder Karim Guédé. Anderswo ging's zum Abkühlen in die Eistonne, beim SC in die Dreisam. Schöner geht's ja eigentlich nicht.
Ich denke, mein Kopf ist da ganz leer, ich bin quasi im berühmten Flow-Moment - was ja angesichts der Dreisam doppelt passt - und einfach tief zufrieden, weil ich zuvor sicher einiges geleistet habe. Ich denke da etwa an die zwölf Tausend-Meter-Läufe, die wir zwischen der Brücke an der Sport-Uni und der am Dreisamstadion mitunter machten. Ich bin vom Organismus her eher kälteempfindlich. Wenn ich mich da so einfach ins kalte Wasser setze, muss ich vorher schon sehr aufgeheizt haben.
Kreative Ader
Im meiner SC-Zeit von 2010 bis 2013 habe ich den Trainerwechsel von Robin Dutt zu Marcus Sorg erlebt, ehe nach der schwachen Vorrunde 2011 Christian Streich Cheftrainer wurde. Er hat unser Spiel wie in einem Crash-Kurs umgemodelt, und tatsächlich haben wir am Ende noch sicher die Klasse gehalten.
Neben dem Profifußball habe ich als Hobby Malerei betrieben. Dazu hatte mich noch in Hannover, wo ich zuvor gespielt hatte, ein Psychologe angeregt: Wenn ich als offensiver Mittelfeldspieler kreativ sein will, sollte ich vielleicht auch außerhalb etwas Kreatives machen. In der Schule war ich in Kunst immer gut und hatte Spaß am Malen. So habe ich mir im Großhandel Materialien besorgt und mit Farbe, Pinsel und Spachtel einfach frei nach Gefühl losgelegt. Gegen Ende meiner Karriere - ich war bei Darmstadt 98- ergab sich die Gelegenheit, meine abstrakten Bilder aus den zurückliegenden Jahren zusammen mit den Arbeiten eines ZDF-Grafikers in einem Rehazentrum auszustellen. Das war 'ne coole Nummer. Mit Ärzten und Privatpatienten war potentes Klientel da, so habe ich auch einige Werke zu guten Preisen verkauft.
Als Lifecoach beziehungsweise systematischer Coach, zu dem ich inzwischen ausgebildet bin, versuche ich heute Sportlern zu helfen, mit Achtsamkeit nachhaltig durch die Profikarriere zu gehen. Um mal eine Problematik exemplarisch anzureißen: Aufgrund des ständigen Leistungsdrucks neigen Profis dazu, negative Gefühle etwa nach Schicksalsschlägen wegzudrücken, weil sie sie sonst beeinträchtigen würden. Gerade das kann aber auch zu Leistungseinbrüchen und Verletzungen führen. Ich habe das in meiner Karriere selbst erlebt, aber erst später durchschaut.
In Christian Streich erkenne ich übrigens einige Eigenschaften eines guten Lifecoaches wieder: Bei allem Druck, der auch im beschaulichen Freiburg auf dem Kessel ist, gelingt es ihm, Mensch zu bleiben. Klar bewertet er die Spieler nach ihrer Leistung, aber nur als Spieler, nicht als Menschen. Jeder kann somit ein bisschen mehr sein, als er wirklich ist. So herrscht meines Erachtens ein sehr gesunder Umgang, der zudem langfristig und nachhaltig Erfolg verspricht, weil sich ein gutes Miteinander, ein Geben und Nehmen ergibt.
Aufgezeichnet von Timo Tabery
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.
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