Mit Nielsen Sports emittelt Sebastian Kube zyklisch, wie der Sport-Club öffentlich wahrgenommen wird. Die differenzierte Analyse birgt manchmal auch Überraschungen – und viel Bestätigung dafür, dass der SC auf einem guten Weg ist.
Herr Kube, alle paar Jahre lässt sich der SC Freiburg von Nielsen Sports auf Herz und Nieren checken. Genauer gesagt: Darauf, wie der SC in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Was hat sich da aus Sicht des Marktforschers in den letzten Jahren beim SC getan?
Sebastian Kube: Sehr viel Positives. Ob der rasante Anstieg bei den Mitgliedschaften, der sportliche Erfolg oder die Eröffnung des Europa-Park Stadions. Aber das wissen Sie ja selbst. Interessant ist: Was man von außen wahrnimmt, spiegelt sich auch in unseren Daten. Die Wahrnehmung des SC Freiburg war schon vor fünf Jahren sehr positiv. Aber es geht noch weiter nach oben.
Gerade die außerordentlich gute Wahrnehmung des Europa-Park Stadions, die die Studie dokumentiert, hat uns fast etwas überrascht. Bei der letzten Mitgliederversammlung wurde auch ganz schön gemeckert.
Kube: Dafür muss man aber auch wissen: Kritische Stimmen sind häufig sehr viel lauter als die stille Mehrheit. Umso wichtiger ist es, dass man in die repräsentativen Daten schaut. Die zeigen ein, was das Stadion angeht, definitiv anderes Bild. Was die Atmosphäre im Stadion betrifft, das Sicherheitsgefühl der Stadionbesucherinnen und -besucher, die Toilettensituation oder die Anfahrt: Die meisten Fans sehen hier in allen Punkten
Verbesserungen gegenüber dem Dreisamstadion. Ganz besonders die Menschen, die das neue Stadion schon erlebt haben und vorher auch im alten waren.
Hat denn auch der sportliche Erfolg Einfluss darauf, was die Leute zu Punkten sagen, die davon eigentlich unabhängig sind?
Kube: Eine Korrelation zwischen sportlichem Erfolg und gewissen Markenattributen sehen wir in solchen Umfragen immer. Aber Vereine, die sich auch als Marke begreifen, schaffen es, sich ein Stück weit vom sportlichen Erfolg oder Misserfolg zu entkoppeln. Dazu zähle ich den SC Freiburg – neben Klubs wie dem FC St. Pauli und Union Berlin. Die können auch mal sportliche Täler durchschreiten, ohne dass ihr Image leidet.
Was verbindet denn in der Fan-Wahrnehmung so unterschiedliche Vereine wie den Sport-Club, St. Pauli und Union?
Kube: Es spielt sicher eine Rolle, dass es hier nicht ausschließlich auf den sportlichen Erfolg ankommt. Damit geht oft – wie zum Beispiel in Freiburg – eine gewisse Kontinuität im personellen Bereich einher. Bei anderen Klubs gibt es oft viele Wechsel, und alles wird dem kurzfristigen sportlichen Erfolg untergeordnet. Kontinuität ist sicher ein Punkt, der Vereine sympathisch macht, und auch eine Sehnsucht bedient. Wenn dazu Werte wie
Antirassismus, Inklusion, Nachhaltigkeit in den Fokus gerückt werden, wie es Freiburg ja tut, können sich darin auch sehr viele Menschen wiederfinden. Gerade in Zeiten, in denen diese Werte an gesellschaftlicher Relevanz gewinnen…
…was gerade auch für ökologische Themen gilt. Und zu denen haben die Fans des SC Freiburg laut den Ergebnissen Ihrer Studie eine überdurchschnittlich hohe Affinität.
Kube: Das stimmt. Aber leider muss man dazu auch sagen – und das gilt für alle Vereine –, dass der Fußball aktuell noch nicht als sonderlich nachhaltig wahrgenommen wird. Dazu passt das, was man als Fußballfan von außen wahrnimmt, einfach zu oft nicht.
Zum Beispiel?
Kube: Die Mannschaften fliegen zu vielen Auswärtsspielen. Es gibt viele Spieler, die sich gerne mit großen Autos zeigen, und noch viele weitere Punkte, die Fußball den Fans nicht als nachhaltig erscheinen lassen. Auch ökonomisch betrachtet. Wenn Vereine in der Vergangenheit quasi immer wieder mit dem Kauf teurer Spieler auf das Erreichen internationaler Wettbewerbe gewettet und sich verzockt haben.
Aber für viele davon ist der SC Freiburg doch geradezu das Gegenbeispiel.
Kube: Das stimmt natürlich. Sieht man den Begriff Nachhaltigkeit ganzheitlich und bezieht auch das Ökonomische mit ein, wird der SC, wie ja auch unsere Studie belegt, schon sehr positiv wahrgenommen. Dank der personellen Kontinuität, aber auch, weil wirtschaftlich sehr besonnen agiert wird. Das sind sicherlich Punkte, warum der SC Freiburg auch als nachhaltig wahrgenommen wird. Schaut man sich in der Studie dezidiert die Sicht der
Fans an, fällt zudem auf: Diese engere Bezugsgruppe nimmt auch das ökologische Engagement des Vereins schon sehr gut wahr.
Gut genug? Was würde der Marktforscher raten?
Kube: Es ist sehr positiv, dass die Anhängerschaft überdurchschnittlich sensibel für ökologische Themen ist. Das ist aber auch mit Ansprüchen an den Verein verbunden. Der Sport-Club ist also sicher gut beraten, wenn er weiter viel in diese Richtung tut – und es kommuniziert. Das zeigen die Zahlen nämlich auch: Es kommt noch nicht alles an. Wenn man junge Fans an sich binden will – und das Ziel haben alle Vereine –, dann hat der
SC Freiburg hier einen sehr guten Hebel. Aber Vorsicht, wichtig ist auch, dass man es authentisch macht. Die meist junge Zielgruppe, die das einfordert, ist sehr kritisch. Sie schaut genau hin und hat ein gutes Gespür dafür, was echt und was Greenwashing ist. Deshalb: Engagement
verstärken, ja, aber dabei authentisch bleiben…
...und trotzdem auch weiter Tore schießen?
Kube: Das sowieso. Es ist sehr deutlich, dass der sportliche Erfolg gerade in einem sehr jungen Alter sehr ausschlaggebend
ist. Mein jüngster Sohn ist fünf Jahre alt und schaut natürlich, wo die Tore geschossen werden. Wer erfolgreich ist, den findet man auch gut. Aber bei
den Fans, die älter werden und sind, schauen eben nicht mehr alle nur auf die Tabelle.
Heißt: sportlicher Erfolg – aber keinesfalls um jeden Preis?
Kube: Das kann ja auch Hand in Hand gehen, wie man nicht zuletzt beim SC Freiburg sieht. Die wichtige Frage muss immer lauten: Wo will ich hin, was ist der Kern meines Vereins? Ob das für sie zutrifft, spüren Fans und finden sich – wie laut unserer Studie derzeit beim SC Freiburg – wieder. Was aber natürlich nicht für jeden Fan zutrifft.
Wie meinen Sie das?
Kube: Es gibt auch Fans, die nur wollen, dass ihr Klub jedes Jahr Meister wird. Das ist dann das Wichtigste. Anderen Fans sind auch andere Werte wichtig. Wichtig, und das hören die Fußballromantiker nicht so gerne, finde ich, ist es, dass man sich als Verein auch als Marke begreift und entsprechend handelt.
Auch wenn es merkwürdig klingt, schneiden aber ausgerechnet die Klubs der Romatiker in ihren Studien besonders gut ab.
Kube: Einerseits. Fakt ist aber auch, dass die wirtschaftliche Schere zwischen den Klubs, die regelmäßig Champions League spielen, und dem Rest der Liga immer größer wird. Mit der Konsequenz, dass die reichen Vereine immer reicher werden. Für andere Vereine wird es damit nicht nur immer schwerer, den Dauergästen in der „Königsklasse“ sportlich das Wasser zu reichen; sie haben obendrein auch weniger finanzielle Ressourcen für eine erfolgreiche Markenentwicklung. Umso schöner, wenn Vereine mit weniger Mitteln dieses Muster durchbrechen können, wie es der SC Freiburg
macht. Da wird man dann deutschlandweit sehr, sehr positiv wahrgenommen…
…und kann als vergleichsweise kleiner SC Freiburg zum beliebtesten Verein Deutschlands werden?
Kube: Da muss ich sie leider enttäuschen. Das ist der FC Bayern München. Der hat zwar, wie man neudeutsch sagt, sehr viele „Hater“, aber eben mindestens genauso viele Fans. Der SC Freiburg hat sicherlich – gerade auch überregional – in den letzten fünf Jahren einen Bedeutungszuwachs erfahren. In unserer Studie ist das über das Thema Sympathie ablesbar, die wir ja auch überregional abgefragt haben. Der Sport-Club kommt da schon von einem guten Niveau und steigert sich weiterhin. Erfolge wie die Teilnahme am Pokalfinale und wie sich die Fans, aber auch der gesamte Verein, allen voran die Mannschaft und ihre Trainer vor Ort in Berlin präsentiert haben – all das trägt natürlich dazu bei, dass man auch über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus an Sympathie gewinnt…
…mit dem Ergebnis?
Kube: Der SC Freiburg ist der sympathischste Bundesligaklub in Deutschland. Daran lässt unsere Studie keinen Zweifel.
Interview: Alexander Roth und Uli Fuchs
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.
Foto: Achim Keller