Zocken bis zur Autobahn

Verein
13.04.2023

Die kleine Taktikschule nimmt dieses Mal den Torabstoß in den Blickpunkt. Wie hat dieser sich verändert, welche Varianten gibt es? U19-Trainer Federico Valente gibt Einblicke. 

Herr Valente, seit der Spielzeit 2019/20 darf ein Abstoß auch innerhalb des Strafraums angenommen werden. Was hat das verändert?

Federico Valente: Da gegnerische Spieler erst in die Box dürfen, wenn der Ball gespielt ist, hat das Team, das abstößt, einen kleinen Bewegungsvorsprung. Der wiederum erleichtert es, zu zocken, also flach und kurz hinten rauszuspielen. Damit macht die neue Regel das Spiel attraktiver.

Früher konnte man bei Torabstößen ja quasi jedem Spieler des ausführenden Teams einen Bewacher direkt auf die Füße stellen.

Valente: Dennoch bin ich weiterhin ein Freund davon, bei gegnerischem Torabstoß hoch zu pressen. Denn bei Ballgewinn ist der Weg zum Tor kurz. Dafür muss das ganze Team aber hochintensiv arbeiten: Die Stürmer müssen aggressiv und klug anlaufen – etwa bogenförmig, sodass sie gegnerische Spieler in ihren Deckungsschatten nehmen. Kommt ein langer Ball, müssen hellwache Verteidiger ihre Mann-Mann-Duelle gewinnen, zugleich die Tiefe verteidigen, und alle anderen müssen dann fix Anschluss laufen, um zweite Bälle auflesen zu können.

Bei uns Fans sorgen kurz ausgeführte Torabstöße oft für Nervenkitzel. Ist das Kurz-Rausspielen gegen ein hohes Pressing nicht zu riskant?

Valente: Nicht unbedingt. Mit dem Torwart als Plus-eins-Spieler ist man in aller Regel ja in Überzahl. Schaffst du es, dich durchs Pressing hindurch zu kombinieren, dann tut sich dahinter oft ein Raum in Autobahnbreite auf und du hast beste Optionen, eine Torchance zu kreieren. Stellt der Gegner uns mit extrem vielen Spielern hoch zu, ist ein kurz in der Box gespielter Abstoß – ob nun vom Keeper zum Innenverteidiger oder umgekehrt – zudem oft ein zusätzliches Locken des Gegners. Wir wissen, dass wir jederzeit einen gezielten langen Ball spielen können, der leicht für Gefahr
sorgen kann. Der Gegner steht ja nun weit auseinandergezogen und verteidigt hinten tendenziell nur in Gleichzahl.

Gibt es feste Muster, wenn der Gegner versucht, uns beim Torabstoß hoch zuzustellen?

Valente: Man legt im Matchplan alternative Positionierungen beim Abstoß fest, aus denen heraus viele Abläufe denkbar sind: Einen langen Ball könnte etwa ein robuster Mittelstürmer ablegen, und dann kommt der Pass auf unseren ballfern tief sprintenden Außen. Ebenso könnte ein hoch stehender Außen einen Flugball per Kopf longline zum startenden Außenstürmer verlängern. Insgesamt spielt es bei deinen Überlegungen auch immer eine wichtige Rolle, was der Gegner anbietet: Verteidigt der grundsätzlich ballorientiert und verdichtet besonders das Zentrum, dann spielst du lieber außen rum. Idealerweise fütterst du dabei erstmal eine Seite an, passt den Ball also zum dortigen Außenverteidiger durch, und der verlagert dann gegen die gegnerische Verschieberichtung per Flugball oder, was viel zu selten passiert, nach einem Dribbling nach innen zur anderen offenen Seite.

Welche Abstoßvarianten man bevorzugt, hängt sicherlich auch von den Stärken der eigenen Spieler ab.

Valente: Definitiv. Wenn du bevorzugt kurz hinten heraus spielen willst, brauchst du natürlich technisch gute, selbstbewusste Defensivspieler. Und du brauchst dazu inbesordere einen Torwart, der kicken kann. Spielst du lang, solltest du Stürmer haben, die in der Lage sind, solche Bälle unter Druck zu verarbeiten. Oder die den Speed haben, die Tiefe zu attackieren. Zudem bereichert ein Keeper, der lange Bälle gezielt und womöglich weit über die Mittellinie schlagen kann, deine Optionen enorm.

So ließe sich gegebenenfalls auch ausnutzen, dass es beim Abstoß wie beim Einwurf kein Abseits gibt.

Valente: Das Spannende am Torabstoß ist für mich: Um für den Gegner schwer greifbar zu sein, kommt es auf den Mix an. Heißt: Mal spielst du kurz raus, mal den gezielten langen Ball – je nachdem, was der Gegner situativ anbietet, was zu deinen Spielern passt und wie deine Nutzen-Risiko-Abwägung jeweils ausfällt. Übrigens: Zieht sich der Gegner bei deinem Abstoß grundsätzlich kollektiv weit zurück, dann erübrigen sich damit viele der Überlegungen, die wir jetzt gerade angestellt haben.
 

Interview: Timo Tabery und Uli Fuchs

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist

Foto: SC Freiburg

 
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