Die Reihe „19:04 – Zeit für GeSCichte“ widmete sich der ersten Auslandsreise des SC Freiburg mit zwei Freundschaftsspielen in Italien im Jahr 1914. Der „Arbeitskreis Vereinsgeschichte“ hat auch zu den damaligen Spielern geforscht.
Italien? Richtig, das ist noch gar nicht lange her. Im März dieses Jahres traf der Sport-Club bei seiner ersten Teilnahme am Achtelfinale der UEFA Europa League auf Juventus Turin. Trotz einer 0:1-Niederlage im Turiner Allianz Stadium und dem 0:2 im Rückspiel im Europa-Park Stadion waren die beiden Partien herausragende Ereignisse in der SC-Geschichte.
Ähnliches galt schon 109 Jahre zuvor, als der Sport-Club seine ersten internationalen Vergleiche bestritt und in die noch nicht allzu ausführliche Chronik des 1912 durch die Fusion des Sportvereins Freiburg 04 und des FC Union entstandenen SC Freiburg notieren konnte. Auch damals stammten die Gegner aus Italien. „Das erste Mal international: Die Italienreise des Sport-Club Freiburg 1914“ hieß am vergangenen Donnerstag das Thema der jüngsten Folge von „19:04 – Zeit für GeSChichte“.
Zwei Freiburger Osterspiele in Norditalien
In der Brunner Lounge im Europa-Park Stadion widmeten sich Vereinsarchivar Uwe Schellinger und der von ihm geleitete „Arbeitskreis Vereinsgeschichte“ den ersten beiden Auswärtsauftritten des SC Freiburg in Europa. An Ostern des Jahres 1914 reiste der Sport-Club zu zwei Einladungsspielen nach Norditalien, ausgestattet mit 800 Lira Fahrgeld von seinen Gastgebern.
Genau elf Freiburger waren dabei, mehr hätten auch nicht zum Einsatz kommen können, denn Spielerwechsel gibt es im Fußball grundsätzlich erst seit 1967. Der SC Freiburg, der 1914 drei Seniorenmannschaften, zwei Jugendteams und rund 200 Mitglieder hatte und in der A-Klasse Oberrhein antrat, trennte sich in Ligurien am Ostersonntag 2:2 von der SG Andrea Doria Genua, einem Vorgängerverein von Sampdoria Genua. Am Ostermontag folgte rund 100 Kilometer weiter nördlich im Piemont ein 1:4 beim FC Alessandria.
Ob auch Vereinsfunktionäre wie der damalige SC-Präsident und Fabrikant Oskar Mattes mit auf die Reise gingen, ist nicht überliefert. Auch der genaue Grund für die Einladung aus Italien ist unbekannt, erläuterte Uwe Schellinger bei seiner einleitenden Schilderung der ersten großen SC-Auswärtsreise. Immerhin war im Jahr zuvor bereits der Freiburger FC, Deutscher Meister von 1907, zu einem Turnier in Genua zu Gast gewesen. Eindeutig ist die Quellenlage, was die taktische Herangehensweise des Sport-Club in den beiden Partien betrifft. Gespielt wurde in der Formation der „Schottischen Furche“, einer 2-3-5-Formation, dem damals gängigen Spielsystem.
Doppelpack von Oskar Müller in Genua
Mit zwei Toren von Stürmer Oskar Müller, später der erste SC-Spieler im Trikot der Nationalmannschaft, führte der Sport-Club in Genua zur Pause mit 2:0. Vor „einer ungeheuren Menschenmenge im Stadion“, wie die italienische Presse damals schrieb, kamen die Gastgeber in der zweiten Halbzeit aber noch zum Ausgleich. Die zweite Partie auf dem Campo di Piazza, dem Exerzierplatzgelände in Alessandria, sollen 6.000 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgt und einen diesmal chancenlosen Sport-Club Freiburg gesehen haben. Auch weil der britische Spielertrainer des FC Alessandria, George Arthur Smith, wohl nicht nur die bessere Taktik gewählt hatte, sondern auch selbst einen Treffer beisteuerte.
Spannend und kurzweilig wurde an dem gut besuchten Abend aber nicht nur über die internationale Auswärtspremiere des Teams um den späteren SC-Ehrenspielführer Oskar Müller berichtet. Die Mitglieder des AK Vereinsgeschichte hatten sich mit großem Forscherfleiß in Archiven und privaten Nachlässen auf die weitere Spurensuche begeben. Als Ergebnis stellten sie Kurzbiografien von weiteren Spielern der damaligen SC-Mannschaft wie Erich Hunkler, der mit 17 Jahren der jüngste Spieler der SC-Elf war, Hermann Duffner, der in einem Protokollbuch außerdem als Mitglied der Vorstandschaft erwähnt wird, oder den in Pfaffenweiler bei Freiburg geborenen Matthäus Däschle vor.
Vieles davon war bislang unbekannt und bereichert künftig den Blick auf dieses frühe Kapitel der SC-Geschichte. Zu diesem zählt leider auch, dass vier Spieler aus der damaligen Mannschaft im drei Monate später beginnenden Ersten Weltkrieg in noch jungem Alter ums Leben kamen. Und auch einige ihrer italienischen Gegenspieler am Osterfest 1914 dürften dieses Schicksal geteilt haben.
Dirk Rohde
Fotos: Achim Keller