Der SC Freiburg Mitte der 80er-Jahre: Schnauzbärte waren in, Verträge wurden auch mal auf Autobahnraststätten unterzeichnet – und ein Abend in der Studentenkneipe konnte weitreichende Folgen haben. Jürgen Menger erinnert sich - ein Bild & seine Geschichte.
Am Ganter-Bierstand und dem Wald im Hintergrund gut erkennbar, wurde das Foto im Dreisamstadion gemacht – vor beachtlicher Kulisse. Mit meinem dicken Schnauzer wurde ich damals mitunter für einen Türken gehalten, auswärts sogar mal übel rassistisch beleidigt. Unser Mitspieler Souleyman Sané hat sowas leider öfter erlebt. Deshalb finde ich es klasse, wenn heute Rassismus im Stadion konsequent verfolgt und streng geahndet wird.
Meine SC-Mitspieler auf dem Foto sind Rolf Maier, rechts, unser leider schon verstorbener Torwart Siggi Grüninger und, hinter mir, Udo Lay, mit dem ich über all die Jahre bis heute Kontakt pflege. Bin ich in Freiburg, schaue ich gern bei ihm vorbei. Sein Gegenbesuch steht aber noch aus.
1985/86 steckten wir tief im Abstiegskampf. Als Horst „Pit“ Zick in der Rückserie Anton Rudinsky als Trainer ablöste, kam ich kaum noch zum Einsatz. Am drittletzten Spieltag gegen Fortuna Köln bereitete ich dann zwei Tore vor. Im Kicker stand die Schlagzeile: „Mit Menger kam die Wende“. Letztlich hielten wir die Klasse durch einen Sieg gegen Union Solingen.
Begonnen hatte die Zittersaison in der 2. Liga mit einem 1:1 gegen die Stuttgarter Kickers, bei dem das Foto entstand, und auf dem – was ich ohne nachzusehen nicht gewusst hätte – der heutige SC-Trainer Christian Streich bei den Kickers mitspielte. Jahre später – Christian war Trainer der U19 des SC und ich Coach des Oberligisten RSV Würges – haben wir uns mal bei einem Vorbereitungsspiel unserer Teams kräftig in die Haare gekriegt. Mit Abpfiff war das aber sofort abgehakt. Schade, dass Christian die Fußballbühne bald verlässt. Vorerst verlässt, sag ich mal.
Um aber auf die 80er zurückzukommen: Vom Amateurligisten Mainz 05 kam ich 1984 zum SC. Nach Verhandlungen mit Präsident Achim Stocker im Wohnzimmer meiner Eltern trafen wir uns zum Vertragsabschluss dann auf dem Rasthof Baden-Baden. 1986 wäre ich wohl in die Schweiz gewechselt, hätte ich in Freiburg nicht zuvor meine Frau Petra getroffen: Benny Wendt, schwedischer Nationalspieler und damals SC-Neuzugang, machte mich in einer Studentenkneipe auf sie aufmerksam. Dafür müsste ich Benny eigentlich jährlich eine Dankeskarte schicken (lacht).
Als ich im Jahr drauf Vater wurde, kündigte ich beim SC, obwohl ich unter Trainer Jörg Berger meine bis dahin stärkste Saison spielte und mit Mitte 20 im besten Fußballeralter war. Aber ich habe auf den Rat meines Vaters gehört, der meinte, dass ich als Familienpapa ein solides Einkommen erzielen sollte (schmunzelt). Ich zog in die Heimat und fing bei einer Versicherung in Wiesbaden an. Auch wenn ich so nur 71 Profipartien machte, denke ich zufrieden und dankbar an meine Zeit als Aktiver zurück.
Bedingt durch einen Unfall einer meiner drei Söhne, bin ich heute – als Coach der Amputierten-Fußballer – wieder bei meinem Mainzer Stammverein tätig. Wegen fehlender Mittel steht die Sportart allerdings vor ungewissen Zeiten. Durch einen Privatsponsor ist zumindest die Teilnahme an der EM in Frankreich gesichert.
Jürgen Menger (63) spielte bei Mainz 05 und dem SC (1984-87). Der Bankkaufmann war danach viele Jahre als Trainer tätig.
Aufgezeichnet von Timo Tabery
Foto: Imago Images