Als treffsicherer Stürmer vom Norden in den Süden zu ziehen und dort von nuschelnden Zeitgenossen ins defensive Mittelfeld versetzt zu werden? Man muss es nur annehmen, dann kann es Liebe werden. Cédric Makiadi erzählt.
Seltsam, dass wir da zu Hause im Dreisamstadion in Weiß spielen statt in Rot. Vielleicht waren wir in den weißen Trikots erfolgreicher, sodass man sie uns irgendwann auch bei Heimspielen rausgelegt hat? Ich weiß es nicht mehr.
Ganz gut erinnere ich mich dagegen noch, wie ich damals 2010 in dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg mit einem Fernschuss das 1:0-Siegtor für den SC gemacht habe: Obwohl ich den Ball nicht voll getroffen hatte, ging er zum Glück so genau ins Eck, dass VfL-Keeper Diego Benaglio nicht dran kommen konnte. Gejubelt habe ich dann aber, glaube ich, nicht übermäßig. Schließlich hatte ich zuvor sechs Jahre in Wolfsburg gespielt und eine gute Zeit gehabt.
Auch gemeinsam mit Edin Džeko, der auf dem Foto zwischen mir und Julian Schuster nicht zu übersehen ist. Ihn habe ich beim VfL als hart arbeitenden Mitspieler erlebt. Und seine Top-Karriere, die ihn dann auch zu Clubs wie Man City, der AS Rom und Inter Mailand führte, gönne ich ihm total. Edin ist 2009 mit Wolfsburg ja auch Deutscher Meister geworden. Das kam für viele überraschend. Schließlich wäre der Club 2006 noch beinahe abgestiegen. Dass ich damals als junger VfL-Stürmer mit einem Tor und einer Vorlage zur Rettung am letzten Spieltag beitragen konnte, war ein sehr wichtiges Erlebnis für mich. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben und gezeigt, dass ich in der Offensive auf Erstliga-Niveau mithalten kann.
Aber obwohl ich dann 2009 als Offensivspieler und Zweitliga-Torschützenkönig vom MSV Duisburg zum SC kam, spielte ich unter Trainer Robin Dutt mit 25 Jahren plötzlich auch mal Außenverteidiger, ehe ich – wie auf dem Foto vielleicht zu erahnen – neben Julian im defensiven Mittelfeld landete. Das fand ich erstmal nicht so toll. Dutt hat mir aber aufgezeigt, wie gut das, was ich fußballerisch mitbringe, zur Sechserposition passt – die so nach und nach sogar zu meiner Lieblingsposition wurde. Mehr Verantwortung zu tragen und vom Zentrum aus das Spiel besser mitgestalten zu können, gefiel mir sehr gut.
Sportlich lief es danach in Freiburg super für mich, privat sowieso. Meine Frau, die Kinder und ich fühlten uns pudelwohl. Wir lernten tolle Menschen kennen und kamen auch mit dem badischen Dialekt bestens klar. Und das, obwohl ich ganz im Norden, in Lübeck, aufgewachsen bin. Selbst Christian Streich, den ich erst als Co-, und ab 2012 auch noch als Cheftrainer erlebt habe, konnte ich immer gut verstehen.
Dass ihm Julian Schuster nächste Saison nun als Trainer der SC-Profis nachfolgen wird, wundert mich übrigens nicht. Julians Faible fürs Strategisch-Taktische war schon zu seiner Zeit als Spieler unverkennbar.
Darüber, ob ich selbst auch irgendwann mal Trainer im Profibereich sein werde, denke ich momentan überhaupt nicht nach. Wie früher als Spieler fokussiere ich mich auch jetzt als U19-Coach von Werder Bremen lieber auf das, was ich aktuell tue, das Hier und Jetzt. Alles Weitere lasse ich auf mich zukommen.
Werder Bremens U19-Coach und Ex-Wolfsburger Cédric Makiadi (40) spielte von 2009 bis 2013 beim SC (138 Spiele/13 Tore).
Aufgezeichnet von Timo Tabery
Foto: Imago Images