In den 80er-Jahren ging es beim SC Freiburg herzlich, beschaulich und familiär zu. Aber auch mal knüppelhart. Der ehemalige SC-Spieler Bernd Krajczy erinnert sich - ein Bild und seine Geschichte.
Das ist doch eine schöne Grätsche von mir, rechts im Bild. Aber auch eine schöne Flanke von Fred Schaub von Hannover 96, der ja später auch mal beim SC gespielt hat. Tragischerweise ist Fred, dessen Sohn Luis heute ebenso bei 96 kickt, 2003 bei einem Autounfall verunglückt. Das verbindet Luis und mich insofern, als auch ich als Siebenjähriger meinen Vater durch einen Autounfall verloren habe. An einem Freitag dem 13 . war das.
So musste ich früh auf eigenen Beinen stehen. Der Fußball hat mir dabei geholfen und mich stark gemacht. Die gute Beinmuskulatur, die man im Bild sieht, habe ich aber als Bauernjunge vom Dorf, der den ganzen Tag gebolzt hat, quasi schon von Haus aus mitgebracht. Mein Opa hatte eine kleine Landwirtschaft. Stand da etwa die Kartoffelernte an, packte die ganze Familie mit an.
Denke ich an meine Freiburger Zeit, fällt mir zuerst SC-Präsident Achim Stocker ein und wie ich 1983 im Alter von 22 von Arminia Bielefeld nach Freiburg kam: Nach dem Morgentraining in Bielefeld hörte ich vom SC-Interesse. Tags drauf trainierte ich schon beim SC mit und unterschrieb auch bald einen Vertrag. Woraufhin Stocker mit mir in seinem alten VW-Käfer direkt nach Frankfurt gebraust ist, um den Vertrag beim DFB abzugeben.
Dieses unkompliziert Familiäre beim SC war einzigartig. Stockers Frau Hanne etwa backte zu jedem Spiel einen Kuchen für das Team. Sowas kannte kein Spieler von woanders. Das trug zum guten Klima im Club bei. In Bielefeld dagegen hatte eher eine gewisse Ellbogenmentalität geherrscht.
Beim SC kam mir zudem zupass, dass ich mit Michael Dämgen und Charly Mähn zwei Spieler bereits kannte. Wir wohnten in Tiengen, machten viel zusammen und trafen uns mit Mitspielern öfter in Stadtlokalen, in denen wir damals vergünstigt essen konnten. Unter Trainer Fritz Fuchs ging es – wie damals üblich – aber auch mal beinhart zu. Nach einer Schlappe auf Schalke etwa entschied Fuchs auf der Autobahn spontan, dass die drei Rheinland-Pfälzer, also Michael, Charly und ich, nun doch nicht unterwegs aussteigen und das Wochenende in der Heimat verbringen durften.
Stattdessen ließ er den Kader am nächsten Morgen vom Stadion weg acht bis zehn Kilometer in den Schwarzwald hoch laufen. Dort empfing er uns vor einem Café: „Männer, wir sehen uns wieder am Stadion.“ Und um 15 Uhr noch mal das gleiche Programm. Solche Straftrainings zusammen durchzuziehen, stärkte zwar weiterhin den Teamzusammenhalt – als langjähriger Jugendtrainer in Luxemburg habe ich aber trotzdem nie so trainieren lassen.
Zu unseren Spielen im Dreisamstadion kamen oft nicht gerade viele Fans. Nebenan im Strandbad war oft mehr los. Und wie das Foto erahnen lässt, war das 1:1 in Hannover auch nur mau besucht. Dennoch zählt die Zeit beim SC zu meinen schönsten als Fußballer. Ich bin noch heute öfter in der Gegend und schaue dann beim SC-Training vorbei. Sehe ich den Verein heute – mit neuem Stadion, starker Jugend, der U23 in der 3. Liga und der Breite im Profikader – dann kann ich nur sagen: Chapeau!
Aufgezeichnet von Timo Tabery
Foto: Imago Images
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.