Der SC Freiburg nahm in dieser Spielzeit erstmals an der Virtual Bundesliga (VBL) teil und spielte sich bis ins Viertelfinale der Deutschen Club-Meisterschaft im eFootball. Im Interview räumt SC-Spielertrainer David „Dave“ Queck mit Vorurteilen auf und erklärt, warum es – fehlenden Gaming-Stühlen zum Trotz – so gut funktioniert hat.
Glückwunsch Dave, ihr habt als neu gegründetes eFootball-Team des Sport-Club gleich im ersten Jahr in der VBL das Viertelfinale der deutschen Club-Meisterschaft erreicht. Hattest du vor der Saison damit gerechnet?
Queck: Dass es so gut laufen würde, davon konnte man nicht ausgehen. Normalerweise braucht es eine gewisse Zeit, um sich – gerade beim Doppel – aneinander zu gewöhnen. Nach den ersten Trainingseinheiten und Spielen haben Giani (Gianluca Mautone, d. Red.) und ich aber schnell gemerkt, dass wir sehr gut harmonieren.
Ihr wart über die gesamte Saison hinweg eines der besten Duos der Liga. Dabei wirkt ihr recht unterschiedlich, auch was eure Spielstile angeht.
Queck: Das stimmt: Meine Stärken liegen vor allem in der Defensive, und ich versuche über einen kontrollierten Spielaufbau erfolgreich zu sein. Gianis Stil ist spektakulärer, ein wenig kreativer. Diese unterschiedliche Spielstile kommen uns im Doppel zugute: Giani gibt in der Offensive eher den Ton an, und ich habe mehr in der Defensive das Sagen. Um erfolgreich zu sein, braucht man vor allem eine außergewöhnlich gute Kommunikation und eine überlegte Rollenverteilung, was bei uns von Beginn an gegeben war. Zugleich haben wir uns zwischenmenschlich blendend verstanden und es aber trotzdem geschafft, Berufliches von Privatem zu trennen, was der Grundstein für unseren sportlichen Erfolg war.
Der SC Freiburg war deine erste Station als VBL-Trainer. Gianluca hatte mit dem FC Basel im vergangenen Jahr zwar an der Club-WM teilgenommen, aber noch nie in einem Ligamodus wie der VBL gespielt. Es gibt sicher komfortablere Voraussetzungen für ein solches Debüt.
Queck: Es war auf alle Fälle ein sehr spannendes Projekt, auf das wir uns da eingelassen haben (lacht). Klar mussten wir uns als neu zusammengestelltes Team erst einmal aneinander gewöhnen. Hinzukam, dass der Verein parallel damit beschäftigt war, das Thema eFootball von Null auf, sehr behutsam aufzubauen.
Nicht alle unserer Fans sind mit dem Thema eFootball vertraut. Was braucht es, um an der VBL teilzunehmen?
Queck: Jedes Team muss für die VBL mindestens drei, maximal fünf Spieler melden. Um an Spieler zu kommen, braucht es wie im richtigen Fußball Kenntnis über den Spielermarkt und Kontakte, oder man nutzt Agenturen oder Scouting-Turniere. Es braucht mindestens einen Mitarbeiter, der das Team operativ steuert und sich um Medienarbeit kümmert. Nützlich sind außerdem sogenannte „Content Creator“, die unsere Spiele kommentieren, an Nicht-Spieltagen streamen und darüber hinaus Inhalte für Social Media produzieren, um die Reichweite für das Thema zu erhöhen. Außerdem muss man eine Spielstätte mit entsprechender Technik vorhalten. Insgesamt braucht es vor allem einen Plan und eine Idee, die zum Verein passen, um all das zusammenzubringen.
Und das gab es beim SC?
Queck: Ja. Wir hatten von Beginn an zum Beispiel tolle Bedingungen in unserer eFootball-Kabine – auch wenn wir die erste Saison komplett auf Büromobiliar anstatt auf professionellen Gaming-Stühlen gespielt haben (grinst). Viel wichtiger: Von Anfang an war zu spüren, dass es der Verein ernst nimmt – ohne dabei sportlichen Druck auszuüben.
Dabei war das Thema eFootball beim SC lange nicht unumstritten…
Queck: … was sicher kein Freiburg-spezifisches Thema ist. Dass zum Beispiel Teile der Fanszene mit dem Thema fremdeln, kennt man auch von anderen Standorten. Dabei wissen wir ja alle, dass Gaming auch in Fankreisen beliebter Teil der Freizeitgestaltung ist. Bei den SC-Mitarbeitenden war die anfängliche Skepsis auf alle Fälle schnell verflogen, spätestens als wir ein vereinsinternes Turnier veranstaltet haben.
Und das war bei deinen vorherigen Stationen nicht so?
Queck: Nein, besonders hier beim SC ist sicher, dass wir eben nicht nur den Verein auf dem virtuellen Rasen repräsentieren, sondern wir uns aufgrund des familiären Umfelds tatsächlich als integrierte Mitarbeiter und als Teil des Vereins fühlen, auch weil unsere Tätigkeit wertgeschätzt wird. Und das stellt einen totalen Gegensatz zu einem Großteil anderer Standorte dar.
Und dass der Sport-Club sich über viele Jahre gegen einen Einstieg in den eSport entschieden hatte, hat euch nicht gestört?
Queck: Nein, dafür gab es ja auch Gründe. Der SC Freiburg ist bekannt für sein gesellschaftliches Engagement und legt seit Jahren großen Wert darauf, Kinder und Jugendliche in Bewegung zu bringen. Und dafür steht der Verein ja auch weiterhin – auch mit eFootball-Team. Wir kennen die Vorurteile gegenüber eSportlern: Dass wir uns alle nicht bewegen und die ganze Zeit nur zocken...
Ist dieses Vorurteil völlig von der Hand zu weisen?
Queck: Abgesehen davon, dass die meisten aus unserem eFootball-Team seit Kindesbeinen SC-Fans sind, kicken fast alle Teammitglieder auch noch aktiv oder treiben anderen Sport. Ich habe lange Jahre aktiv Basketball gespielt. Wir sind normale Jugendliche oder junge Erwachsene, mit der Besonderheit, dass wir gewisse kognitive Fähigkeiten haben, um an der Playstation erfolgreich Fußball zu spielen.
Die Entscheidung für den Sport-Club, an der VBL teilzunehmen, hängt eng mit einer Entscheidung des DFL e. V. zusammen. Seitdem ist eine Teilnahme an der VBL CC für Erst- und Zweitligisten verpflichtend.
Queck: Ja, das hat der Verein von Beginn an sehr transparent kommuniziert. Das neue eFootball-Engagement mit den Werten, die den SC Freiburg ausmachen, zu verbinden, ist unter anderem unser Antrieb. Dazu gehört zum Beispiel, dass auch wir – wie in der Freiburger Fußballschule – auf Nachwuchsspieler aus der Region setzen. Ich denke, dass die Herangehensweise im ersten Jahr bislang ganz gut funktioniert hat.
Kannst du Beispiele nennen?
Queck: Wir waren am Tag nach dem VBL-Finale in Köln zum Beispiel gemeinsam mit Daniel Wolf, dem Athletiktrainer der SC-Profis, zu Gast bei einem Gaming-Workshop des Jugendhilfswerks Freiburg. Klar wurde dort auch viel gezockt. Viel wichtiger: Dort haben Jugendliche die Möglichkeit, in unterschiedliche Sportarten reinzuschnuppern, es wird gemeinsam gekocht, und die Kids bekommen Tipps von Expertinnen und Experten zu den Themen Körper, Gesundheit oder Medienkonsum. Das sind Botschaften, die auch wir aussenden möchten. Und daher wird es einen solchen Ein-Tages-Workshop in den Sommerferien auch bei uns im Europa-Park Stadion geben.
Foto: SC Freiburg
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.