Rückschritt nach vorne

Verein
05.04.2024

Beim Debüt noch vor der Halbzeitpause wieder ausgewechselt und dann den Rest der Saison nicht mehr zum Zuge gekommen: Daran ließe sich trefflich verzweifeln. Oder aber man ordnet das Erlebte richtig ein, kommt stärker zurück – und wird zum Meistermacher. Jan Seifert erzählt sein Geschichte zum Bild. 

Mehdi Ben Slimane … Tut mir leid, der Name des SC-Spielers, mit dem ich da im Laufduell bin, wäre mir von selbst nicht eingefallen. Die Namen meiner Zwickauer Mitspieler natürlich schon: Sascha Lense links und Jens Härtel hinter mir.

Eigentlich liefen Spiele in Freiburg ja gern so: Bei gefühlt 50 Grad wirst du auf diesem Riesenplatz im Dreisamstadion hergespielt, bevor du wieder 700 Kilometer nach Hause fahren darfst (lacht). 1998 war es anders: Als Tabellenletzter haben wir da mit dem FSV Zwickau überraschend 3:1 gewonnen. Ich glaube, die SC-Fans haben uns danach sogar fair applaudiert.

Für Lars Hermel, damals FSV-Spieler, war das allerdings ein zweischneidiges Ergebnis: Er konnte ja nicht wissen, dass der SC, zu dem er zur Folgesaison ging, trotz dieser Niederlage den Aufstieg noch schaffen und er, Lars, also in die erste Liga wechseln würde. 26 Jahre später ist er immer noch beim SC, als Jugendtrainer.

Lars und ich kannten uns schon als Kinder von der DDR-Sportschule, auf der wir gefördert wurden. Wirklich kennen gelernt haben wir uns dann beim Chemnitzer FC und FSV Zwickau, wo wir eine Fahrgemeinschaft zum Training hatten und auch sonst viel gemeinsam machten. Da habe ich ihm sicher auch mal von meiner Saison in Freiburg erzählt.

1993/94 war das. Der SC war erstmals in die Bundesliga aufgestiegen. Ich hatte in der Vorrunde leider kaum Kontakt zur Mannschaft, weil ich wegen eines Muskelbündelrisses ständig im Rehazentrum war. Meine Frau machte daheim eine Ausbildung, also war ich allein nach Freiburg gezogen. In der Rückserie endlich fit, lief mein Erstligadebüt und gleichzeitig einziges SC-Spiel dann denkbar unglücklich. Gegen den 1.FC Köln – ich spielte gegen Toni Polster – wechselte mich Trainer Volke Finke beim Stand von 0:2 nach 27 Minuten aus. Zurück in meiner Wohnung hab ich geheult und die Welt nicht verstanden.

Im Nachgang aber haben mich solche bitteren Rückschläge  immer nur stärker gemacht. Ordnet man das Erfahrene gut ein und macht einen Schritt zurück, kann daraus ein Schub nach vorn entstehen: Vom SC kam ich über die Zweitligisten VfB Leipzig und FSV Zwickau zur Spielvereinigung Unterhaching, wo ich jenseits der 30 meine fußballerisch beste Zeit erlebte, zwei Jahre Bundesliga spielte und dabei war, als wir 2000 durch unseren legendären Sieg gegen Bayer Leverkusen am letzten Spieltag, Bayern München zur Meisterschaft verhalfen.

Ein größeres Highlight war nur das letzte deutsch-deutsche Uefa-Cup-Duell: mit dem Chemnitzer FC gegen Borussia Dortmund, 1990. Das Rückspiel fand am 2. Oktober statt, einen Tag vor der Wiedervereinigung. 1991 hab ich dann mit dem CFC übrigens zweimal innnerhalb von sieben Tagen in Freiburg gespielt: Im DFB-Pokal haben wir gegen den Freiburger FC mit Christian Streich 1:3 verloren, beim darauffolgenden 2:1-Sieg beim SC habe ich in meinem ersten Zweitligaspiel gleich ein Tor gemacht. Vor dem Wechsel zum SC hab ich das als gutes Omen genommen. Tja … (schmunzelt)           

Aufgezeichnet von Timo Tabery

Foto: Imago Images

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.

 
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