Bundesliga, Europa League, Frauen-Bundesliga, Fußballschule. SC-Mitarbeiter/innen blicken auf das Jahr 2023 zurück und erzählen von ihrem Spiel des Jahres: Niklas Batsch.
Niklas Batsch ist Pressesprecher der SC-Frauen. Er war bei allen Spielen dabei, verfolgt das sportliche Geschehen am Spielfeldrand, bekommt Emotionen jeglicher Art mit. Und trotz des Finales im DFB-Pokal in Köln oder dem starken Saisonauftakt 2023/24 gegen Bayern München im vergangenen September erzählt Batsch von einem anderen Spiel: der Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg am 21. Oktober 2023.
Es muss ja nicht immer die rosarote Brille sein. Daher sage ich ganz bewusst und pointiert: 2023 war beschissen. Damit könnte diese Kolumne auch schon zu Ende erzählt sein.
Dabei hätte es wirklich etwas werden können mit 2023 und mir. Ich könnte hier vom spannenden Pokal-Halbfinale gegen Leipzig im April schreiben. Oder vom ausverkauften DFB-Pokalfinale gegen Wolfsburg, das wir zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte erreicht und dabei einen neuen Zuschauerrekord aufgestellt haben. Oder vom emotionalen Saisonauftakt vor über 13.000 Fans im Dreisamstadion gegen Bayern München mit Svenja Fölmlis Last-Second-Ausgleich.
All diese besonderen und emotionalen Momente können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Jahr alles andere als einfach war. Nichts spiegelt für mich 2023 so gut wider, wie unser Heimspiel Mitte Oktober gegen den 1. FC Nürnberg. Wir kamen von einer ärgerlichen Niederlage in Leverkusen zurück, da kam dieser Aufsteiger aus Franken gerade recht. Nürnberg. Die, die im Sommer irgendwie gerade so in die Bundesliga aufgestiegen sind. Die, die bislang ein Torverhältnis von 1:15 hatten. Die, die noch keinen einzigen Punkt in der Liga geholt haben. Tja, und die, die uns 2:0 besiegt haben. Im Dreisamstadion. In unserem Wohnzimmer. Vor über 2.500 Fans. Arg viel bitterer wäre nicht gegangen.
Ich weiß noch, wie ich kurz vor Schluss vom Spielfeld in die Mixed Zone gelaufen bin. Ich konnte die letzten Minuten nicht mehr sehen, habe einfach nur gehofft, dass wir dieses eine verflixte Tor schießen, um zumindest einen Punkt mitzunehmen. Stattdessen hörte ich dann den Jubel der Nürnberger Bank. 0:2. Das war’s. So also fühlt sich Abstiegskampf an. Niemals hätte ich das vor Saisonbeginn erwartet. Ich sitze auf dem Boden der Mixed Zone, Kopf in den Händen, und kann einfach nicht fassen, was da gerade passiert. Während ein Nürnberger Betreuer freudig an mir vorbeihüpft, Telefon am Ohr und nur noch ruft „Das glaubst Du nicht! Das glaubst Du nicht! Wir haben gerade das 2:0 gemacht“!, spüre ich, wie Leere in mir breit wird.
Auf der einen Seite habe ich nach Spielende wirklich lange gebraucht, um zu verdauen, was hier gerade geschehen ist. Ich glaube, ich habe gefühlt noch nie so spät einen Endstand auf Social Media gepostet, auch wenn es wahrscheinlich nur ein paar Sekunden später als sonst waren. Auf der anderen Seite war mir mit Abpfiff sofort klar, dass wir gerade den Höhepunkt von Andi Brehmes Floskel „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“ erreicht haben.
Noch nie in meinen knapp drei Jahren als Pressesprecher der Frauen habe ich eine derart bedrückte Stimmung erlebt, solche geknickten Gesichter gesehen. Und auf einmal hinterfragt man plötzlich auch seinen eigenen, nicht-sportlichen Bereich bis ins kleinste Detail: Treffe ich noch die Tonalität auf Social Media? Wie beeinflusst unser Medienauftritt vielleicht die eigenen Spielerinnen? Hätte ich Medienanfragen reduzieren sollen, um den sportlichen Fokus mehr zu wahren? Und habe ich vielleicht schon in den vergangenen Monaten verpasst, der jetzigen Situation medial entgegen zu steuern? Auch wenn ich in meiner Position eigentlich keinerlei Einfluss auf den sportlichen Erfolg habe, war ich in den nachfolgenden Wochen mental in einer komplett neuen Situation.
An was ich mich allerdings noch gut erinnern kann, weil es so gut vergleichbar ist, ist meine Zeit in der Presseabteilung der Männer vor fünf Jahren. Wie wir 2018 Lucas Hölers 3:2 gegen Köln in der Nachspielzeit des 32. Spieltags frenetisch bejubelt haben und wie wir mit dem 2:0-Sieg gegen Augsburg am letzten Spieltag den Klassenerhalt feiern konnten. Happy End also. In diesem Sinne eine vorsichtige Frage an das kommende Jahr: Hey, 2024 – wie wär’s mit uns beiden?