Einen spannenden Einblick in die Ausbildungsphilosophie der Freiburger Fußballschule konnten sich am Mittwoch die Mitglieder des SC Freiburg bei einem Forum verschaffen. So nebenbei erfuhren sie dabei, wie wichtig Talente „made in Südbaden“ sind.
Rund 100 Mitglieder waren ins Europa-Park Stadion gekommen, um bei dem Mitgliederforum „Die Freiburger Fußballschule: unser Nachwuchsleistungszentrum“ zu erfahren, was die Freiburger Fußballschule so erfolgreich macht. Denn dass sie das ist, bestätigen die Zahlen.
So hatten Spieler aus der Freiburger Talentschmiede in der Saison 2022/23 mit großem Abstand die meisten Einsatzminuten von Eigengewächsen unter allen Bundesliga-Mannschaften – unter den europäischen Topligen landete der SC auf einem beachtlichen fünften Platz.
Einblick in die Geschichte der Leistungszentren
Begrüßt wurden die interessierten Mitglieder sowie die Vortragsredner Andreas Steiert als Leiter und Martin Schweizer als Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von SC-Präsident Eberhard Fugmann. Mit dabei war auch der ehemalige Nationalspieler und jetzige U17-Co-Trainer Deutschlands, Heiko Westermann, der gerade beim SC Freiburg hospitiert.
Andreas Steiert gab zunächst einen kurzen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Leistungszentren und natürlich besonders die Freiburger Fußballschule. Die wurde bekanntlich im Jahr 2001 gegründet. Also Jahre bevor die Deutsche Fußball Liga Leistungszentren in den Lizenzierungsverfahren der Bundesliga und 2. Bundesliga auch unter dem Eindruck einer aus deutscher Sicht schwachen Weltmeisterschaft 1998 und einer noch um vieles kläglicheren Europameisterschaft 2000 einforderte. Und angesichts von ligaweit unerreichten 15 Zöglingen aus der Fußballschule im Profikader stellte Steiert zufrieden fest: „Wir können nicht so viel falsch gemacht haben.“
Bäume fällen mit der Nagelfeile
Allerdings – und das ist dem Leitungsduo der Freiburger Fußballschule sehr wichtig – ruhe man sich auf diesen Erfolgen nicht aus, sondern feile weiter an der Optimierung. Denn, so Martin Schweizers Credo, „einen Baum kann man mit einer Nagelfeile fällen und irgendwie ist das auch effektiv, aber effizient ist es nicht.“
Und so überlege man ständig, wie man weiter die kleinen Stellschrauben drehen kann, die jede für sich noch nicht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen, aber zusammengenommen viele positive Effekte zeigen.
Vom Spieler zum Spielversteher
Spieler werden beispielsweise nicht einfach als Kicker ausgebildet, vielmehr sei die Leitfrage: „Wie kriegt man einen Spieler dazu, dass er ein Spielversteher ist?“, so Martin Schweizer, der damit einen Leitgedanken der Freiburger Fußballschule wiedergibt. Dadurch bilde man Spieler mit einer Trainerdenkweise aus, müsse sich dann aber auch noch überlegen, wie man deren Rucksäcke mit dem richtigen Werkzeug füllen könne.
Dass diese Rucksäcke schwer sind, machte das Leitungsduo mehr als deutlich. Ein U19-Spieler fange um 6.30 Uhr an und sei kaum vor 21 Uhr zuhause – ein Pensum, das jenes der Profis deutlich übersteige, unter anderem, weil Schule und Sport unter einen Hut gebracht werden müssten.
Die 33 Spielprinzipien nach Christian Streich
Klar, dass auch der scheidende Profi- und frühere Fußballschulen-Trainer Christian Streich einen immensen Einfluss auf die Freiburger Kaderschmiede hat. Im Zuge der Zertifizierungen der Leistungszentren verfassten Streich und seine Trainer-Kollegen der Freiburger Fußballschule viele Seiten mit Überlegungen zur Konzeption und Spielidee. Diese von ihnen verfassten Notizen wurden Grundlage für 33 Spielprinzipien, nach denen auch heute noch in der Schule ausgebildet wird.
Und die Ergebnisse könnten sich sehen lassen. Denn durch diese Ausbildungsphilosophie erhalte der Sport-Club belastbare Spieler, deren Charakter im Idealfall parallel zur spielerischen Entwicklung mitgereift sei. „Gute Menschen“ sollten es am Ende sein, egal ob sie bei den Profis landeten oder als verlässliche Fachkräfte in der freien Wirtschaft.
Gurken werfende Kapuzineraffen
Dass die Freiburger Fußballschule einen eigenen Weg geht, könne man auch am Taschengeld für die 16 Internatsschüler erkennen. Diese erhalten derzeit eine einheitliche Summe. Und um zu demonstrieren, welche Folgen ungleiche Bezahlung haben kann, zeigte das Leitungsduo das Video von zwei Kapuzineräffchen.
Eines davon bekommt Gurke zu fressen, das andere saftige Trauben. Als das Gurken-Äffchen die Ungleichbehandlung wahrnimmt, wirft es mit der Gurke nach der Versuchsleiterin und fängt an, in seinem Käfig zu randalieren. Das Video sorgte im Plenum für Lacher, verdeutlichte aber auch die besondere Herangehensweise in der Fußballschule.
Mitgliederforen: Fortsetzung folgt
Priorität habe jedenfalls die Maßgabe, „ein bis drei Fußballschüler pro Saison in den Profikader zu überführen“, so Schweizer. Damit das gelinge, müsse auch die Gegend stark sein, aus der die Spieler kommen. „Wir spielen hier Doppelpass mit der Region. Ist der Breitensport in der Region schwach, leiden auch wir darunter. Ist die Regio stark, dann profitieren wir und können aus einem breiteren Pool schöpfen, aus dem wir aber auch im Umkehrschluss gut ausgebildete Spieler dem Breitensport zuführen“, sagte Andreas Steiert.
Zum Abschluss gab es dann ausreichend Zeit für die Mitglieder, ihre Fragen zu stellen. Steiert und Schweizer beantworteten diese geduldig, bis es keine weiteren mehr gab und Präsident Fugmann die Veranstaltung zufrieden für beendet erklärte. Allerdings nicht, ohne bereits darauf hinzuweisen, dass die so erfolgreich gestartete Reihe der Mitgliederforen mit vier weiteren Veranstaltungen zu den Themen SC-Fankultur, die Rolle der sozialen Medien, die Nachhaltigkeitsstrategie beim Sport-Club und die Rolle des SC während der Zeit der NS-Diktatur noch in diesem Jahr fortgesetzt werde.