Es gibt Tage, die sind so schön, dass dafür die Phantasie kaum reicht. Dass sie aber nie vergehen sollen, wäre ein schlechter Wunsch. Dafür machen sie viel zu viel Lust aufs Weitermachen. von Cora Zicai
Das war ein megaschöner Moment für mich, nach dem 6:0 im Freundschaftsspiel gegen die Schweiz, vergangenen November in Zürich. An dem Tag war aber auch sehr viel zusammengekommen: Gerade hatte ich mein erstes Länderspiel absolviert. Ein Tor durfte ich schießen und eines vorbereiten. Meine ganze Familie, meine besten Freunde, meine Beraterin und noch dazu viele Mitspielerinnen und einige aus dem Staff der SC-Frauen und unserer U20 waren da – und das alles an meinem 20. Geburtstag.
Den hätte ich aber auf jeden Fall dort gefeiert, nur eben auf der anderen Seite des Zauns. Es war nämlich schon monatelang vorher klar, dass wir da als Team hinfahren werden, um uns dieses Spiel zusammen anzuschauen, ganz unabhängig davon, ob jetzt jemand von uns dabei gewesen wäre oder nicht. Aber einen Tag nach dem Länderspiel der Männer gegen Bosnien-Herzegowina hier in Freiburg habe ich den Anruf vom Bundestrainer bekommen.
Zur Nationalmannschaft gefahren bin ich dann erstmal ohne Erwartungen. Ich wollte vor allem viel aus den Trainingseinheiten mitnehmen, viel von den Trainern lernen und noch mal so einen neuen Input bekommen. Das wäre an sich schon sehr viel gewesen.
Aber dann kam unser Athletiktrainer in der 35. Minute und sagte zu Laura, Pia (Laura Freigang und Pia-Sophie Wolter; Anm. d. Red.) und mir, dass wir in der Halbzeit reinkommen werden. Und dann wurde schlagartig einfach alles intensiver. Bis zur Halbzeit war ich meganervös. Ein Gefühl, dass ich zuletzt vor knapp vier Jahren hatte, bei meinem Bundesligadebüt gegen die Bayern. Irgendwer sagte noch etwas wie: Einfach Spaß haben, wie im Training. Einfach frei sein, Duelle suchen. So was halt. Das war nett, aber ganz ehrlich: Die Person hätte mir auch den größten Mist erzählen können. Ich war da voll im Tunnel und dachte nur: Okay, ich spiele jetzt.
Als wir nach dem Spiel zu den Fans gelaufen sind, standen da auch schon meine ganzen Mitspielerinnen mit dem Plakat, das sie selbst gemacht hatten, in der Kurve. Darüber habe ich mich riesig gefreut, und ich habe es immer noch bei mir zuhause.
Wie besonders dieser Abend war, habe ich zwar direkt gespürt – so richtig begreifen konnte ich es aber erst in der zurückliegenden Winterpause. Schließlich ist da ein sehr großer Kindheitstraum von mir in Erfüllung gegangen. Und dass ich das als Freiburgerin beim und mit dem SC erreichen durfte, hat für mich selbst eine sehr große Bedeutung. Schöner hätte ich mir das nicht vorstellen können.
Jetzt zu sagen, ich sei Nationalspielerin, nur weil ich meine ersten beiden Länderspiele hatte, käme mir aber komisch vor. Für mich hat sich eigentlich nichts geändert, seit ich in der E-Jugend mit den Jungs bei den Sportfreunden Eintracht gekickt habe. Wohin ich, um ehrlich zu sein, auch später, nach Trainingseinheiten mit den SC-Juniorinnen, oft gefahren bin, um noch eine Einheit dranzuhängen. Ich will immer nur Fußball spielen und so gut darin werden, wie es mir möglich ist. Immer weiter, immer mehr.
Aufgezeichnet von Alexander Roth
Foto: Imago Images
Nicht nur der Moment auf dem Foto, das ganze Jahr 2024 war für Cora Zicai ein besonderes. Bei der Freiburger Galanacht des Sports, die am 22. März im Freiburger Konzerthaus stattfindet, steht die 20-Jährige deshalb als Sportlerin des Jahres 2024 zur Wahl. Zur Abstimmung.
Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.