"Eine Basis, auf die man sich verlassen kann"

Verein
16.09.2024

SC-Sportdirektor Klemens Hartenbach spricht im Interview mit unserem Stadionmagazin Heimspiel über vorausschauende Kaderplanung in Zeiten des großen Geldes, Puzzlespiele und Geburtstagsfeiern in der Küche.

Nachträglich alles Gute zum 60. Geburtstag, Herr Hartenbach. Konnten Sie diesen mitten im Jahr für Jahr größer werdenden Trubel vor dem Schließen des Sommertransferfensters überhaupt richtig feiern?

Hartenbach: Tatsächlich ist es ein bisschen ungünstig für einen Sportdirektor, Ende August Geburtstag zu haben (lacht). Es gab auch schon welche, an denen die Gäste im Wohnzimmer saßen – und ich in der Küche vor dem Computer. Aber dieses Mal war Jochen (Vorstand Jochen Saier; d. Red.) noch mit einigen Themen abgangsseitig intensiv beschäftigt. Zugangsseitig war es zu diesem Zeitpunkt dann doch etwas entspannter. Weil wir, auch dank der tollen Arbeit von vielen Leuten im Verein, einiges schon frühzeitig klarziehen konnten.

Sie meinen die bereits im April verkündeten Verpflichtungen von Eren Dinkçi und Patrick Osterhage?

Hartenbach: Zumindest hatten wir damit zwei für uns zentrale Punkte früh abgehakt. Wir wussten, dass wir im Zentrum nach dem Abgang von Yannik Keitel mit Patrick jemanden haben, der in vielen Dingen das SC-Spiel schon in sich trägt. Und vorne hatten wir seit dem Abgang von Kevin Schade einen Tick zu wenig Geschwindigkeit drin. Dem haben wir mit Eren, der unter anderem ein wirklich enormes Tempo mitbringt, entgegengesteuert. Das wäre die eine Seite.

Und die andere?

Hartenbach: Das sind die Entwicklungen, die stattfinden, wenn die Vorbereitung losgeht. Bei jungen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs, bei Spielern, die lange verletzt waren und bei anderen Spielern, wie die positive bei Junior Adamu, die wir so nicht vor Augen hatten. Die Entwicklungen bei Johan Manzambi und Bruno Ogbus, die wir aus dem Nachwuchs hochgezogen haben, waren sehr gut. Auch, dass Max Rosenfelder nach seiner langwierigen Verletzung wieder so stabil auf dem Platz steht, ist sehr erfreulich. Und schließlich konnten wir die dritte Torwartposition mit Jannik Huth auch sehr gut besetzen. In der Summe haben wir deshalb gesagt: Wenn wir die Leute zusammenbehalten, fühlen wir uns richtig ordentlich und SC-like aufgestellt.

Mit Blick auf die Zuspitzungen rund um den Deadline Day drängt sich trotzdem der Gedanke auf: Der SC kann so vorausschauend handeln, wie er will, am Ende müssen Sie und Jochen Saier vor dem Rechner sitzen und schauen, was passiert.

Hartenbach: So extrem ist es nicht. Aber es schiebt sich tatsächlich alles etwas nach hinten. Clubs, bei denen buchhalterische Dinge nicht so wichtig sind, sagen sich: Am Ende kriegen wir mit unserem Geld ohnehin noch wen wir dann haben wollen. Ich frage mich dann immer: Was ist denn das für eine sportliche Planung bei diesen Vereinen? Die lassen sich also Zeit, was eine Kette nach sich zieht. Andere Clubs bekommen dann Probleme, weil für ihre Spieler finanziell sehr verlockende Angebote sehr spät reinkommen.

Wie begegnen Sie dieser Entwicklung?

Hartenbach: Indem wir das, was wir ohnehin machen, noch konsequenter und frühzeitiger tun. Also uns auch mit den Spielern, die noch länger Vertrag haben, aber genau zu dieser Gruppe Spieler gehören könnten, Ende April, Anfang Mai zusammenzusetzen, um klar zu kommunizieren: Wir planen mit dir, du wirst sportlich wertgeschätzt und wir wollen mit dir in die kommende Saison gehen. Sieht das der Spieler auch so, geht man mit einem guten Gefühl in die Pause. Aber man kann den Spielern trotzdem nicht verdenken, ins Grübeln zu kommen, wenn ein für sie persönlich unglaubliches Angebot reinkommt. Dann kann man als SC Freiburg sagen, wir spielen mit und versuchen höchstmögliche Transfererlöse hinzukriegen. Wenn man nicht mitspielt, weil der sportliche Verlust nicht gleichwertig zu ersetzen ist, schon gar nicht in der Woche vor Ende des Transferfenster, gibt es eben Unruhe. Aber wir kriegen das bislang ganz gut hin, finde ich. Auch wenn es oft mit viel Mühe und Überzeugungsarbeit verbunden ist.

Und sonst tröstet doch immerhin der Transfererlös.

Hartenbach: Aber ist es unglaublich schwer, Ersatz für entscheidende Spieler zu besorgen. Und angenommen wir geben einen Spieler für 20 Millionen ab, dann denken viele, holt doch einen für zehn, dann habt ihr zehn Millionen Gewinn gemacht. Aber da kommt ein entsprechendes Gehalt dazu, und wir haben ein Gefüge, das wir richtig im Auge haben wollen. Die Problematik ist im Moment aber eher die, dass ein Spieler, der zehn Millionen kostet, sich meist sogar noch im Talentstatus befindet und keine Garantie bietet, dass er auch auf Bundesliganiveau sofort einschlägt. Selbst 19-, 20-Jährige kosten inzwischen enorme Summen, obwohl sie erst in kleineren Ligen bewiesen haben, Tore schießen zu können und bestimmt noch Zeit brauchen. Inzwischen herrscht eine riesige Nachfrage nach diesen Spielern – sozusagen als Spekulationsobjekte.

Ist der Kader in dieser Saison etwas groß geraten?

Hartenbach: Wir hatten extrem viele Verletzte in der letzten Saison. Wären wir ein wenig besser durchgekommen, würden wir jetzt wieder über eine Dreifachbelastung sprechen, dessen bin ich mir sicher. Wir sind also gebrannte Kinder und wollten es nicht zu knapp halten. Ich sehe die Kadergröße eher positiv, glaube, dass sich die Spieler gegenseitig hochschaukeln werden. Und: Es wird jeder seine Chance bekommen, der sich im Training über einen gewissen Zeitraum anbietet, so ist das Trainerteam gepolt.

Keine leichte Aufgabe für Julian Schuster und Co.

Hartenbach: Klar, zum einen rücken junge Spieler nach und müssen in dem ein oder anderen Moment auf Geduld hingewiesen werden – was eine schwere Aufgabenstellung für ein Trainerteam ist. Und es gilt zu moderieren, wenn Spieler, die bisher fast immer gespielt haben, den einen oder anderen Einsatz weniger bekommen. Sowohl für die Spieler als auch den Verein sind diese Übergänge nicht ganz leicht zu händeln. Aber: Es ist Leistungssport und solche Situationen gehören dazu. Wir haben uns dahin gearbeitet, dass wir so einen ausgeglichenen Kader haben können. Das impliziert, dass der eine oder andere mal nicht spielt. Das ist die große Kunst eines Trainerteams, eines ganzen Vereines, das gut hinzubekommen. Und beim SC bekommen wir solche Prozesse schon seit längerem sehr ordentlich hin, wie ich finde.

Die Kaderplanung findet beim SC immer in enger Abstimmung mit den Trainern statt. Wie lief da der Übergang von Christian Streich auf seinen Nachfolger?

Hartenbach: Mit einem Wort: großartig. Menschlich war es von beiden eine famose Leistung, dass wir sie zusammen in alle Gespräche miteinbeziehen konnten. Es war so klar und immer im Sinne des Vereins – auch in der Übergabe der Mannschaft. Aber das wussten wir auch schon vorher. Christian mag nach außen das Gesicht des SC Freiburg gewesen sein, nach innen war er ein absoluter Teamplayer – das kam da voll zum Tragen. Und das kann ich auch eins zu eins über Julian sagen, der ja sportlich, aber vor allem auch im Umgang mit der Mannschaft als Spieler und Mittrainer sehr von der Zeit mit Christian geprägt ist und jetzt ganz uneitel Dinge, die er gut findet, übernimmt und gleichzeitig seine eigenen Akzente setzt.  

Und wie hat Ihnen der Saisonauftakt der Mannschaft unter neuer Leitung gefallen?

Hartenbach: Ich habe sehr viel Gutes gesehen. Im Spiel gegen einen enorm starken VfB Stuttgart haben die Jungs nach frühem Tiefschlag nicht den Kopf verloren, immer weiter gemeinschaftlich gearbeitet und sich taktisch sehr gut verhalten. Und auch gegen die Bayern haben sie richtig griffig und klug verteidigt, Ballverluste erzwungen und ihrerseits kaum etwas zugelassen. Jetzt gilt es, wie bei einem Puzzle, diese guten Sachen immer weiter zusammenzuführen. Ich habe insgesamt ein sehr gutes Gefühl, weil schon in den ersten Spielen zu erkennen war, dass bei dieser Mannschaft eine Basis da ist, auf die man sich verlassen kann.

Interview: Alexander Roth

Foto: SC Freiburg

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.

 
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