„nachgefragt“ heißt die Gesprächsrunde, die vom Rotteck-Gymnasium bereits seit 2005 veranstaltet wird. Diesmal zu Gast: SC-Trainer Julian Schuster, der interessante Einblicke gewährte.
Die Kulisse im Rotteck-Gymnasium wirkte wie ein Überbleibsel aus „Wetten, dass…“. Doch anders als Thomas Gottschalk in früheren Zeiten waren die interviewenden Schüler Matilda Helas und Frederik Rausenberger auf ihren Gesprächsgast sehr gut vorbereitet.
Unter anderem hatten sie sich Videos von Spielern des SC angeschaut, Magazincover analysiert und sogar mit Schusters Vater telefoniert. Heraus kam eine Unterhaltung über das Leben und den Sport, die nie langweilig wurde. Das lag nicht nur an der Gesprächsführung der beiden souveränen Schüler, sondern auch an den eingeflochtenen Show-Acts.
Mensch und Trainer Julian Schuster
Vom Brauen eines übel nach Red Bull riechenden Cocktails über ein Quiz mit aufgesetztem Rentierhelm, simulierte Fanproteste in Form von geworfenen Tennisbällen bis hin zu einem Fühl- und Ratespiel am Ende, war alles geboten, was dem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal die gut eineinhalb Stunden Gespräch so kurzweilig wie möglich machte.
Doch trotz des gut orchestrierten Interviews durften sich sowohl der Trainer als auch der Mensch Julian Schuster entfalten. Weil die Schüler das mit ihren mitunter kritischen Fragen ebenso zuließen wie der Freiburger Trainer, der sich um keine Antwort herummogelte.
Eine Warnung von Christian Streich
Der zum Beispiel von Gesprächen mit seinem Vorgänger und ehemaligen Trainer Christian Streich erzählte. Zu Spielerzeiten hatte der ihm gesagt, berichtete Schuster schmunzelnd, dass es mit seiner Schnelligkeit eng werden würde in der Bundesliga.
Schuster und Vorgänger Streich würden sich aber auch immer wieder am Spielfeldrand treffen, weil zwei ihrer Kinder nun mal in der gleichen Mannschaft kickten. Und dort habe ihn Streich vor seinem ersten Pflichtspiel als hauptverantwortlichen Trainer im DFB-Pokal in Osnabrück auf seine typisch schnodderig-badische Art gewarnt: „Da musch als Dräner erscht mal gwinne!“ Das 4:0 in Osnabrück zeigt: Schuster und seinem Team gelang das eindrucksvoll.
Die tiefen Fußspuren des Vorgängers
Die Frage, die hinter all dem zu liegen schien, lautete: Wie geht man damit um, wenn der Vorgänger tiefe Fußspuren hinterlassen hat? Ein eingespieltes Video von Kapitän Christian Günter beantwortete das ziemlich treffend: An den taktischen Stellschrauben drehen, neue Inhalte und Übungen, ansonsten gebe es kaum Unterschiede. Außerdem sei es, so ergänzte Schuster selbst, schon Veränderung genug, wenn er statt Streich vor der Mannschaft stehe.
Dieser Satz ließ ahnen: da sprach einer, der keinen Schatten loswerden will, sondern seine eigenen Abdrücke in der Fußball-Historie des SC Freiburg hinterlassen möchte.
Vorabinfo vom Vater
Einer, den Rückschläge eher motivieren als zurückwerfen, wie sein Vater Hermann den Schülern vorab gesteckt hatte. Und der - angesprochen auf einen üblen, homophoben Spruch eines Wolfsburger Spielers - deutlich machte, seine eigenen Spieler im Falle einer ähnlichen Verfehlung, lieber positiv beeinflussen, als nur bestrafen zu wollen. Obwohl Werte wie Offenheit und Toleranz für ihn äußerst wichtig seien.
Julian Schuster bezeichnete das Erlangen seiner Pro Lizenz zum Fußballtrainer im Profi-Bereich als Reise zu sich selbst. Und diese Reise hat Schuster als Mensch bereits vor 39 Jahren angetreten. Die Reise als Trainer dagegen – sie hat gerade erst begonnen.
Text und Fotos: Markus Schmidt