"Mehr als mein halbes Leben in Dortmund"

Verein
06.04.2025

Das Interview im Stadionmagazin Heimspiel mit Wolfgang „Teddy“ de Beer entstand kurz vor seinem Tod Ende vergangenen Jahres. Mit dem Abdruck viele Wochen später wollte die Redaktion beim ersten Freiburg-Besuch „seiner“ Borussia und vieler ihrer Fans nach dem Tod der BVB-Legende noch einmal daran erinnern, was für ein wunderbarer Mensch da gegangen ist – und dass ihn mit dem Sport-Club mehr verbunden hat, als viele vielleicht wissen.

Herr de Beer, eines Ihrer letzten Auswärtsspiele, bevor Sie zu Borussia Dortmund wechselten, führte Sie in der Saison 1985/86 nach Freiburg zum Sport-Club. Haben Sie noch Erinnerungen an das 0:3 mit dem MSV Duisburg im Breisgau?

De Beer: Ich habe ganz viele Erinnerungen an Freiburg. Mit dem MSV Duisburg spielte ich zwischen 1982 und 1986 mehrmals in der 2. Bundesliga im Dreisamstadion. Dort, in diesem schönen Schmuckkästchen in einem Wohnquartier in der Stadt, waren es immer total enge Spiele. Nicht nur, weil der Platz kürzer und breiter war, sondern auch mit Blick auf die Ergebnisse. In meinem letzten Auswärtsspiel mit Duisburg in Freiburg habe ich mir dann allerdings in der Tat drei Buden gefangen. Beim Sport-Club stand damals neben Jogi Löw auch der Vater des heutigen Bayern-Profis Leroy Sané im Sturm – und Souleyman Sané erzielte einen Doppelpack, das weiß ich noch gut.

Das nächste Aufeinandertreffen mit dem Sport-Club ließ dann ein paar Jahre auf sich warten. Während der SC noch für weitere sieben Spielzeiten in Liga zwei blieb, spielten Sie nach Ihrem Wechsel zu Dortmund auf einmal Bundesliga – und wurden sofort Stammkeeper. Das war wahrscheinlich eine surreale Geschichte für einen damals 22-jährigen, talentierten Keeper?

De Beer: Völlig! Zumal es anders geplant war. Eike Immel, der zuvor acht Jahre lang das Dortmund-Tor gehütet hatte, war im Sommer zum VfB Stuttgart gewechselt. Seine langjährige Nummer zwei, Rolf Meyer, sollte ihn beerben, ich mich hinter ihm einreihen. Im letzten Testspiel der Vorbereitung brach sich Meyer aber den Finger. Ich sprang kurzfristig zum Saisonstart für ihn ein – und blieb in der Folge lange Stammkeeper.

Ihr Debüt für den BVB war gleich beim amtierenden Meister.

De Beer: Heute werden die Duelle zwischen Dortmund und Bayern München gerne als „Deutscher Clásico“ bezeichnet. Damals  sprach davon noch niemand. Die zwei Clubs spielten in unterschiedlichen Welten. Dortmund war in der Vorsaison beinahe abgestiegen, hatte sich erst in der letzten Minute des Relegationsrückspiels gegen Fortuna Köln in ein drittes Entscheidungsspiel gerettet – und dort mit einem 8:0-Sieg den Klassenerhalt geschafft. Die Bayern hingegen waren Deutscher Meister geworden. Daher war es nicht überraschend, als ich gleich nach wenigen Minuten in München das erste Mal hinter mich greifen musste. Aber wir spielten super mit – zweimal gelang uns der Ausgleich, am Ende stand es 2:2. Das gab uns viel Selbstvertrauen,  wir spielten danach eine tolle Saison, wurden am Ende Vierter und zogen in den UEFA-Cup ein.

Zwei Jahre später, in der Saison 1988/89, holten Sie mit Dortmund Ihren ersten von vielen Titeln.

De Beer: Wir gewannen das Finale im DFB-Pokal 4:1 gegen ein starkes Werder Bremen mit Otto Rehhagel als Trainer. Das war schon eine Ansage – und wie ein Startschuss für die großen Erfolge in den 90er-Jahren: die Meisterschaften 1995 und 1996 – und natürlich den Champions-League-Triumph 1997.

Sie waren ein etablierter Torwart in der Bundesliga, als dem SC Freiburg erstmals der Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse gelang. Das erste Aufeinandertreffen gegen Dortmund im Dezember 1993 – übrigens ein in der SC-Geschichte legendärer 4:1-Sieg für den Sport-Club im Dreisamstadion – verpassten Sie allerdings aufgrund einer schweren Verletzung.

De Beer: Im März jenes Jahres hatte ich mir das Schien- und Wadenbein gebrochen. Es war die schlimmste Verletzung meiner Karriere. Ich war ein ganzes Jahr raus. Und als ich zurückkam, hatte sich Stefan Klos als neue Nummer eins etabliert. Ich musste die loyale Nummer zwei geben.

Was zweiten Torhütern nicht immer leicht fällt …

De Beer: Mir ging es da zunächst nicht anders, zumal ich davor sieben Jahre lang Stammkeeper gewesen war. Aber mir war auch klar, dass ich fast  30 Jahre alt war, also nicht mehr gerade blutjung. Es gab zwar Angebote von anderen Clubs, aber ich wollte bei Dortmund bleiben, weil ich mich dort wohlfühlte. Zudem dachte ich zu dem Zeitpunkt bereits über meine Karriere nach der Karriere nach, die ich dann 2002 beim BVB ja auch nahtlos als Torwarttrainer fortsetzen konnte. Und  heute bin ich immer noch hier, als Fanbeauftragter. Ich habe mehr als mein halbes Leben in Dortmund verbracht – und es fühlt sich gut an.

Zum Ende Ihrer aktiven Zeit kamen Sie noch mal auf ein paar Einsätze, auch gegen den SC Freiburg.

De Beer: An eines erinnere ich mich dabei besonders gut. In der Saison 1998/99 hatte sich unser Stammkeeper Jens Lehmann beim Spiel gegen Hansa Rostock eine Rote Karte eingefangen, ich habe ihn in der Folge dann während seiner Sperre drei Mal vertreten – unter anderem daheim gegen den Sport-Club. Der SC ging damals durch Ali Günes früh mit 1:0 in Führung, und wir taten uns lange schwer. Sergej Barbarez traf mit dem Pausenpfiff zum 1:1, Lars Ricken brachte uns zehn Minuten vor Schluss in Front. Kurz danach bekam der Sport-Club einen Elfmeter, den ich allerdings halten konnte. Der SC rettete sich in jenem Jahr erst am letzten Spieltag vor dem Abstieg. Und als wir im Jahr darauf wieder aufeinandertrafen, schaute mich Trainer Volker Finke entsetzt an und sagte: „Ach, nee, nicht der schon wieder.“ Der gehaltene Elfer war offenbar hängengeblieben.

Interview: Christian Engel

Foto: Imago Images

Wolfgang „Teddy“ de Beer (geb. 1964), stand von 1986 bis 2001 182 Mal im Tor von Borussia Dortmund, war dann bis 2018 Torwarttrainer und danach Fanbeauftragter beim BVB. Er starb am 30. Dezember 2024.

Dieser Text erschien erstmals in unserem Stadionmagazin "Heimspiel", das hier auch im Abo erhältlich ist.

 
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