Spieler, die kaum oder noch kein Deutsch sprechen, kommen beim Sport-Club seit 27 Jahren schnell mit Stefanie Nerling in Kontakt. Ein Besuch in einer Unterrichtsstunde.
„Das kannst du auch auf Deutsch sagen.“ Stefanie Nerling muntert Billal Mohamed auf. Der U19-Spieler ist einer ihrer Schüler. Beim Sport-Club hilft die beeidigte Übersetzerin Spielern, die aus dem Ausland kommen, die Sprache zu lernen, unterstützt sie bei alltäglichen Angelegenheiten, wie Behördengängen und hilft dabei, den Spielern und ihren Familien die Integration zu erleichtern.
Mohamed, gebürtiger Schwede, der neben seiner Muttersprache auch fließend englisch spricht, lernt nun auch die deutsche Sprache. Im Juli 2024 kam er nach Freiburg, sein Deutsch ist schon gut – ein Sprachtalent. Genau deshalb motiviert Nerling ihren Schützling auch immer wieder, auf Deutsch zu antworten. Immer mit einem Lächeln, sie ist ein positiver, fröhlicher und sehr aufgeschlossener Mensch. „Er tut sich leicht mit der Sprache“, sagt sie. Billal selbst findet Deutsch sei „eine schwere Sprache.“ „Die Satzstellung ist kompliziert, aber manche Wörter sind ähnlich wie im Schwedischen.“ Ein Beispiel: „Du kannst heißt auf schwedisch du kan“, sagt er.
Deutsch lernen rund um den Fußball
In ihrem kleinen „Kabuff“, wie Nerling ihren Unterrichtsort in der Fußballschule nennt – eine kleine Kabine direkt am Eingang, die an ein Abteil im Zug erinnert, nur gemütlicher – empfängt die gebürtige Schwäbin ihre Schüler. Manchmal unterrichtet sie auch mehrere Spieler gemeinsam. Jede Unterrichtseinheit hat ein Thema, das sich im weitesten Sinne immer um Fußball dreht. „Es ist das, womit die Jungs täglich in Kontakt kommen und was sie am häufigsten brauchen“, erklärt Nerling. Aber auch Themen der Allgemeinbildung nimmt sie in ihren Stunden mit auf.
Für Billal steht in dieser Stunde das Thema „Kämpfen“ auf dem Stundenplan. Als Beispiel hat Nerling ein Bild von Zlatan Ibrahimovic mit Text mitgebracht. Die beiden gehen ein paar Vokabeln durch, Billal liest einen Text vor, Nerling stellt Fragen, baut eine Unterhaltung mit ihrem Schüler auf: Es geht um Auseinandersetzungen auf dem Platz, mentale Kämpfe und den schwedischen Torjäger Zlatan Ibrahimovic, der seine Fußballschuhe mittlerweile an den Nagel gehängt hat. Billal kann alle Fragen auf Deutsch beantworten, auch wenn er immer mal wieder ins Englische wechselt. Wörter, die er nicht aus dem Fußball kennt, fallen ihm noch schwer. Aber Nerling hilft dann sofort aus, zeigt erst mit Gestik, welches Wort gesucht wird, dann verrät sie das deutsche Wort.
Sprachen sind Leidenschaft
Die 54-Jährige ist ein Urgestein beim Sport-Club. 1997 hatte sich Nerling initiativ beim Verein beworben – und ist geblieben. Mittlerweile seit 27 Jahren arbeitet sie beim SC – erst freiberuflich, dann in Festanstellung. Ihr erster Schüler war Boubacar Diarra. Bis 2019 arbeitete sie als Pädagogische Leitung in der Fußballschule. „Dann wollte ich nochmal etwas anderes machen, eine Alternative haben“, erzählt sie. Sie lässt sich zur staatlich geprüften und beeidigten Übersetzerin für die spanische Sprache ausbilden. Nach der Schule hat sie Romanistik und Germanistik studiert. Sprachen sind ihre Leidenschaft.
Einen Großteil ihrer Arbeitszeit verbringt sie aber weiterhin beim SC. Sie ist nicht nur in der Freiburger Fußballschule als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache zuständig, sondern kümmert sich auch um die Sprachkenntnisse der Profis. Aktuell sind es Ritsu Doan und Johan Manzambi, mit denen sich Nerling regelmäßig trifft. „Ritsu spricht sehr gut Englisch, wir üben gemeinsam Deutsch.“ Auch bei den Profis sucht Nerling für den Unterricht Themen heraus, die sich mit dem Fußball beschäftigen: „Ich möchte die Sprache immer der jeweiligen Situation anpassen, dann macht es mehr Spaß und ist sinnvoller.“
Auch Kiliann Sildillia, gebürtiger Franzose, hat bei Nerling Deutsch gelernt. In der Regel haben die Spieler ein bis zwei Jahre lang Unterricht. „Dann kommen sie klar, was das Sprachliche angeht“, sagt Nerling. Die Spieler nehmen ihre Hilfe dann aber oft noch länger in Anspruch: „Kiliann kommt zum Beispiel mit alltäglichen Fragen auf mich zu.“ Dann hilft Nerling ihm und anderen Spielern bei bürokratischen Dingen wie Versicherungen, Rechnungen, Post.
Auch Billal ist mit seinem Deutschunterricht fast am Ende. Einmal trifft er Nerling noch, dann hat er die deutsche Sprache so gut gelernt, um damit im Alltag alleine gut zurecht zu kommen. Für Fragen steht Nerling ihm natürlich weiterhin zur Verfügung. Und auf sie selbst warten neue Schüler.
Isabel Betz