Jeder Klub hat seine Kultfiguren.
Vor dem Auswärtsspiel beim SC Paderborn 07 kommt eine dieser Legenden des kommenden SC-Gegners zu Wort: Daniel Brückner.
Herr Brückner, Sie wurden in Rostock geboren, wuchsen aber in Hamburg auf und begannen dort auch mit dem Fußballspielen?
Daniel Brückner: Genau, beim Eimsbütteler BC, kurz HEBC, einem Hamburger Ortsverein.
Erkannte man bei Ihnen als Kind schon Ihre fußballerische Veranlagung?
Nein, die kam erst später zum Tragen.
Der ehemalige Werderaner Thomas Wolter, der früher auch beim HEBC spielte, holte Sie 2004 nach Bremen in die U23. Haben Sie damals schon mit einem Auge auf die Profimannschaft geschielt?
Ich trainierte zwar mit den Profis, aber das war in dem Jahr, als Bremen Meister wurde, und ich glaubte nicht wirklich an meine Chance.
Sie wechselten nach Erfurt, wo Sie mit Trainer Pavel Dotchev arbeiteten, der Sie drei Jahre später zum SC Paderborn holte.
Das war Zufall. Ich suchte einen Verein, der zu mir passte und habe ihn um Rat gefragt. Er empfahl mir, nach Paderborn zu kommen.
Eine ziemlich guter Rat, denn mit Paderborn ging es sportlich aufwärts.
Ja, wir erreichten gleich in meinem ersten Jahr die Relegation zur Zweiten Liga gegen den Vfl Osnabrück und stiegen tatsächlich auf.
Sie gewannen zweimal mit 1:0. An der Bremer Brücke muss man erst mal bestehen?
Klar, aber solche Spiele liebte ich. Tolle Atmosphäre, volles Haus, es geht um alles und du bestehst so eine Aufgabe. Großartig.
Im Jahr darauf wurden Sie zum Spieler des Jahres in Paderborn gewählt, Sie waren schon ein Publikumsliebling?
Das war natürlich toll. Vor allem das Wissen, dass die Leute meine Arbeit auf dem Platz schätzten.
Es wurde noch besser. Der SC Paderborn stieg 2014 erstmals in die Bundesliga auf.
Ich glaube, nach der Hinrunde lagen wir noch zehn Punkte vom Aufstiegsplatz entfernt. Und trotzdem hat unser damaliger Trainer Andre Breitenreiter immer gesagt: Wir werden aufsteigen.
Und das Team hat tatsächlich daran geglaubt?
Naja, zumindest wuchs der Glaube, je mehr Spiele wir gewannen. Und gegen Ende waren wir dann auch sicher, dass wir es schaffen werden.
Das letzte Spiel gegen Aalen war recht eng?
Stimmt, wir lagen sogar 0:1 zurück, gewannen aber noch 2:1 und stiegen als Zweiter auf.
Und dann kam die Bundesliga. Es ist jetzt fünf Jahre her, dass Sie Ihr erstes Bundesligaspiel bestritten haben. Waren Sie nervös?
Nervös trifft es eigentlich weniger. Eher unheimlich gespannt, was da auf mich zukommt, und ob ich und wir das schaffen können.
Zumindest anfangs klappte das sehr gut. Nach dem vierten Spieltag war der SCP Tabellenführer, Sie hatten sogar in Hamburg 3:0 gewonnen. Ist man da besonders stolz?
Schon. Da war auch ein wenig Genugtuung dabei. Ich wollte immer gern Profi in Hamburg sein und jetzt spielte ich in Hamburg Bundesliga, wenn auch mit einem anderen Team.
Sie hatten schon schwierige Zeiten erlebt, sind zum Beispiel von der Schule geflogen, hatten Gelegenheitsjobs. Und nun standen Sie als Bundesligaprofi gegen die Bayern oder den BVB auf dem Platz. Da wäre mancher vielleicht abgehoben.
Dafür war ich überhaupt nicht der Typ. Ich war einfach nur froh, dass ich diese tollen Erfahrungen machen konnte, dass mir der Fußball noch mal diese Chance gegeben hat. Zum Ligaverbleib hat es für Paderborn damals nicht gereicht. Damit hat auch niemand wirklich gerechnet. Aber rückblickend würde ich trotzdem sagen: Wir hätten es schaffen können.
Den SC haben Sie damals auch mit runtergenommen. Ihr Sieg in Freiburg tat uns arg weh!
Ich habe total gerne in Freiburg gespielt. Ein tolles, kleines Stadion mit einer super Stimmung. Für den SC hatte ich nicht nur deshalb immer ein Faible.
Am Schluss lief es unter Trainer Effenberg nicht so gut für Sie?
Ja, aber das hatte mit "Effe" nichts zu tun. Mit dem verstehe ich mich heute noch gut. Da gab es andere Gründe. Aber ich hatte eine tolle Zeit in Paderborn und auch grundsätzlich als Profi. Die schönste Sache der Welt als Beruf zu haben war wunderbar.
Interview: Carmelo Policicchio
Daniel Brückner (38) bestritt von 2009 bis 2016 in sieben Jahren 197 Partien für den SC Paderborn. Der Mittelfeldspieler stieg mit den Ostwestfalen von der Dritten Liga bis in die Bundesliga auf. Er wohnt in Hamburg und spielt dort aktuell beim Oberligisten Niendorfer TSV.
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