Während auf die Profis und die Frauen des Sport-Club ein pflichtspielfreies Wochenende wartet, startet die Zweite Mannschaft mit einem Regionalliga-Gastspiel beim FC Gießen an diesem Samstag (Anstoß 14 Uhr) in den Endspurt. Auf der Zielgeraden einer Mammutsaison spricht U23-Mittelfeldmann Luca Herrmann, 22, im Interview.
scfreiburg.com: Nach 33 absolvierten Liga-Spielen kann man sich als Fußballer eigentlich so langsam auf die Sommerpause einstellen. Bei Euch stehen noch neun Spiele aus. An Motivation mangelt es aber wohl keinem, oder?
Luca Herrmann: Nein, Motivation ist kein Problem (lächelt). Wir sind alle hungrig und haben echt Bock, weiterzumachen. Wahrscheinlich auch wegen der Tabellensituation. Trotzdem gibt es Tage, an denen man merkt, dass es wirklich lange geht. Wir sind so viele Spiele ja nicht gewohnt; und ich persönlich war in den letzten zwei Jahren auch nicht immer fit. Dieses Jahr habe ich bisher an die 30 Spiele gemacht, das ist dann im Vergleich schon ein Brocken.
Du sprichst es an: Der Kopf ist die eine Sache, der Körper die andere. Welche Rolle spielen da auch die Trainer und die medizinische Abteilung?
Eine sehr große. Belastungssteuerung ist diese Saison ein riesiges Thema. Die Trainer und die Physios sind da die ganze Zeit im Austausch. Es gibt schon Wochen, in denen ich mich schlapper fühle oder Englische Wochen mit vielen Spielen. Die Kunst ist es zu schauen, dass wir gut durchkommen, aber auch nicht zu wenig machen, damit wir am Spieltag scharf und auf Vollspannung sind. Bisher haben wir das sehr gut hinbekommen. Außerdem macht es einfach so viel Spaß mit den Jungs auf dem Platz und dem Ziel vor Augen, dass das Schöne sowieso überwiegt.
Eine Tabelle ist nur eine Momentaufnahme, zum jetzigen Zeitpunkt aber eine mit Aussagekraft. Wie interpretierst Du den Zwischenstand?
Sehr positiv. Ich bin auch ehrlich gesagt ein bisschen überrascht. In einer Saison mit 42 Spielen habe ich damit gerechnet, dass wir irgendwann mal eine schwächere Phase haben, was ganz normal ist. Das konnten wir bisher abwenden. Dass wir nach 33 Spielen 73 Punkte haben, ist stark und nicht selbstverständlich.
Mit einem Spiel weniger sind es aktuell fünf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten.
Das ist schon sehr schön. Aber es verführt auch dazu zu glauben, dass man so gut wie durch ist. Das sind wir noch nicht, es kann sich alles sehr schnell ändern. Deshalb müssen wir schauen, dass wir die nächsten fünf, sechs Spieltage auf jeden Fall wieder unser Spiel durchziehen, damit wir es vielleicht noch ein bisschen klarer machen können.
Du spielst Deine vierte Saison in der Freiburger U23, Talente gab es beim SC II auch in den Vorjahren. Was macht das aktuelle Team so besonders?
Ich glaube, es ist die gute Mischung in den verschiedenen Bereichen: Wir haben fußballerische Qualität und außerdem Tempo, wie wir es in den Jahren vorher nicht in dem Maß hatten. Wir haben viele junge, freche Spieler, die individuell sehr stark sind, und wir haben Spieler, die schon länger dabei sind und wissen, wie es in der Regionalliga läuft. So kriegen wir es trotz unseres jungen Durchschnittsalters hin, dass wir Erwachsenen-Fußball spielen. Dann gibt es die Spieler, die sich weniger Gedanken machen und einfach drauf loskicken und ihre Leistung bringen und Spieler, die viel über alles nachdenken, die Dinge hinterfragen und schon etwas reifer sind. Die Mischung ist wirklich sehr, sehr gut dieses Jahr. So gut habe ich sie noch nicht erlebt.
Und offensichtlich ziehen alle an einem Strang.
Über gute Ergebnisse entsteht ein Zusammenhalt. Wenn es läuft, sind alle besser drauf. Wir verstehen uns untereinander alle gut, es gibt kaum Grüppchenbildung. Die Arbeitsatmosphäre ist dieses Jahr einfach sehr positiv.
Hilft die Tatsache, dass im Moment coronabedingt nur ganz wenige Freizeitaktivitäten möglich sind, den Fokus noch mehr auf den Fußball zu lenken?
Davon bin ich sogar überzeugt. Gerade die Jungs, die noch ein bisschen jünger sind und auch mal etwas erleben und feiern gehen wollen, können das gerade nicht. Im Moment bleibt fast nur der Fußball und das hilft sehr. Man merkt, dass das Konzentrationslevel im Training regelmäßig ziemlich hoch ist, das ist wirklich gut.
Du selbst bist 22 und damit natürlich auch jung. In der U23 gehörst Du aber zu den erfahrenen Spielern. Wie achtest Du darauf, dass im Team trotz der vielen kleinen Erfolge über die Saison verteilt in jedem Spiel aufs Neue eine gesunde Anspannung da ist?
Ich sehe das nicht unbedingt als meine Aufgabe an. Ein bisschen ein Auge habe ich aber sicherlich drauf, ich spreche viel mit den Jungs. Und wenn das eine oder andere Mal zu oft über die 3. Liga geredet wird oder über Dinge, die nächstes Jahr passieren könnten, dann schaue ich schon, dass wir den Fokus wieder auf das Wesentliche richten. Ich bin generell eher der Typ, der ein bisschen vorsichtiger an die Sache rangeht. Insgesamt muss man aber auch nicht zu viel Stress machen, die Jungs wissen schon sehr gut, worauf es ankommt.
Und worauf kommt es aus Deiner Sicht im Endspurt an?
In neun Spielen sind eben auch noch 27 Punkte zu vergeben, und wenn wir jetzt vieles falsch machen, geht es schnell in die andere Richtung. Das müssen wir vermeiden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das vermeiden werden. Aber wir müssen weiter schauen, dass wir Woche für Woche unsere Punkte holen, und nicht zu viel nachdenken. Der Rest kommt dann von alleine.
Als Nächstes geht’s zum Auftakt in eine Englische Woche nach Gießen. An das Hinspiel erinnerst Du Dich sicher gerne, oder?
Ja, das stimmt. Es lief ganz gut (lächelt).
Das Spiel ging 3:0 aus, Du hast das Tor zum zwischenzeitlichen 2:0 geschossen. Wie klappt's auch im Rückspiel mit drei Punkten?
Es wird wieder wichtig sein, dass wir unseren Kampfgeist gepaart mit unserer Qualität auf den Platz bringen. Es ist nicht so, dass wir zu Auswärtsspielen fahren und einfach gewinnen, nur weil wir auf dem Papier die bessere Mannschaft sind. So einen Sieg müssen wir bei unterschiedlichen Witterungs- und Platzbedingungen trotzdem erstmal holen. In den letzten Wochen haben wir mehrere Male zu null gespielt und 1:0 gewonnen. Es ist wirklich jedes Mal ein Kampf, und wir müssen wieder und wieder an die 100 Prozent kommen. Sonst lassen wir Punkte liegen. In Gießen wird das nicht anders sein.
Interview: Sina Ojo