Ein Stück gesungener Geschichte

Verein
17.10.2018

SC-Archivar Uwe Schellinger entdeckte den Text in einem Vereinsheft von 1925, der MGV Kolping aus Tunsel hat ihn eingesungen. Das Vereinslied von 1925 war auch Gegenstand des dritten Abends der Reihe "19:04 - Zeit für GeSChichte" sein. Im Interview spricht Schellinger darüber

Herr Schellinger, Sie haben in der SC-Rundschau aus dem Jahr 1925 das „Sport­-Club-Lied" gefunden. Was hat es damit auf sich?

Beim „Sport-Club-Lied" handelt es sich wahrscheinlich um das erste offizielle Lied des Vereins. Wir wissen nur wenig über den Entste­hungskontext, aber ich vermute, das Lied entstand im Zusammenhang mit dem damaligen Jubiläum.

Der SC feierte 1924 sein 20-jähriges Bestehen.

Genau. Es ist möglich, dass das Lied für die Feierlich­keiten geschrieben, aber erst ein Jahr später, 1925, in der Vereinszeitschrift abgedruckt wurde. Oder man hatte im Zuge der Festlichkeiten gemerkt, dass ein solches Lied eine schöne Sache wäre, und hat sich im Anschluss daran gemacht, das Lied zu dichten.

Getextet hat Karl Ketterer. Was weiß man über ihn?

Ketterer ist ein Sport-Club-Urgestein. Seine aktive Karriere als SC-Torwart reicht bis vor den Ersten Weltkrieg zurück. Danach war der hauptberufliche Bankangestellte so eine Art Pressesprecher des SC. Hier war dann seine literarische Ader gefragt.

Die Melodie des Lieds stammt aber nicht von ihm?

Nein. Ketterer hat auf eine damals recht bekannte Melodie aus dem 19. Jahrhundert zurückgegriffen. Es handelt sich um das Lied „Sind wir vereint zur guten Stunde". Die schon 1815 komponierte Melodie ist sehr eingänglich und eignete sich gut zum un­gezwungenen Mitsingen.

Ist denn bekannt, zu welchen Anlässen das Lied gesungen wurde?

In den Vereinszeitschriften wird es tatsächlich des öfteren erwähnt. So berichtet der Jugendleiter, dass die Jungendmannschaften nach Auswärtsspielen sich dann und wann singend auf die Rückreise be­gaben. Auch bei diversen Festlichkeiten, z.B. in der Gaststätte „Harmonie", wurde das Lied gesungen. Außerdem hatte der SC einen eigenen Vereinschor.

Die Musik und das Singen hatten also einen festen Platz beim Sport-Club?

Ja, unbedingt. Vereine erfüllten damals in beson­derem Maße den Wunsch nach Geselligkeit, das entsprach auch ganz explizit dem Selbstverständnis des Sport-Club. Und durch Singen kann relativ ein­fach Zusammenhalt erzeugt werden. Auch erlaubt es Werte zu vermitteln und die Identität des Vereins zu festigen und hochzuhalten.

Die Identität eines Vereins, der damals, so steht es im Liedtext, in den „Farben Schwarz-Weiß-Gold" auflief ...

Ja, das irritiert heute. Aber das waren die ursprünglichen Vereinsfarben des SC. Allerdings kam es schon in den 1920er Jahren zur sogenannten Farbenaffäre: Einige Jugendmannschaften hatten damals begon­nen statt in schwarzen in roten Hosen zu spielen  - eine Art Generationenkonflikt. Aber Rot wurde erst nach dem 2. Weltkrieg offiziell zur Vereinsfarbe.

Das „Sport-Club-Lied" wurde nun neu eingesun­gen. Wie kam es dazu?

Das ist eine schöne Geschichte. Die Fangruppe .,Supporters Crew", die von dem Lied erfahren hatte, entwickelte die Idee, es einzusingen zu lassen. Das fand der Sport-Club auch gut. Über die Gruppe ist dann der Kontakt zum Männergesangverein Kolping in Tunsel zustande gekommen, der das Einsingen schließlich übernommen hat. Anfang September wurde das Lied dann aufgenommen. Ich war bei den Aufnahmen in Tunsel dabei, es hat mich wirklich berührt. Jahrelang hatte ich nur den Text, abgedruckt in einer fast hun­dert Jahre alten Ausgabe der Vereinszeitschrift. Jetzt kann man ein Stück SC-Geschichte hören.

Interview: Jonas Wegerer

 
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